Greenpeace veröffentlicht Papiere zum Freihandelsabkommen

TTIP - Freihandelsabkommen
TTIP - Freihandelsabkommen

Seit fast drei Jahren verhandeln die Europäische Union und die USA über das Transatlantische Freihandelsabkommen. Trotz versprochener Transparenz erhielten bisher nur wenige Personen Einblick in die Verhandlungsdokumente, was starke Kritik auslöste. Nun hat Greenpeace Verhandlungstexte von TTIP veröffentlicht und diese analysiert. Dabei stellte sich heraus, dass durch das Abkommen bestehende Standards und Regularien zum Schutz von Umwelt und Verbrauchern auch rückwirkend ausgehebelt werden könnten und so insbesondere der Klimaschutz leiden würde.

„Bei den Verhandlungen soll hinter verschlossenen Türen ein mächtiger Rammbock gezimmert werden, der auch den fest verankerten Schutz für Umwelt und Verbraucher wieder aus dem Weg räumen kann. Dieses Geheimabkommen muss gestoppt werden“, fordert Greenpeace-Handelsexperte Jürgen Knirsch.

Die Greenpeace-Analyse bestätigt viele der zuvor angeführten Befürchtungen, so beispielsweise in den Punkten Energie, Agrarindustrie und Investorenschutz.

Investorenschutz für Rohstoff- und Energiekonzerne

Nutznießer des „Investitionsschutz“-Kapitels des TTIPs  wären unter anderem Rohstoff- und Energiekonzerne, die  ihr  Geld  mit  umweltgefährdenden  Technologien  verdienen  und Umweltgesetze möglichst verhindern wollen – oder aber die Kosten von umweltpolitischer Regulierung sozialisieren möchten. Nicht zufällig drängt der US-Ölkonzern Chevron besonders engagiert auf weitreichende Investitionsschutzregeln und Sonderklagerechte beim TTIP.

Abbau von Exportbeschränkungen für Fracking-Gas aus den USA

Zum anderen strebt die EU aber mit dem TTIP die Abschaffung von Export- und Handelsbeschränkungen beim internationalen Geschäft mit Rohstoffen und Energie an. Der Hintergrund ist: „Fracking“ – also das Fördern von Erdgas und Öl mit Hilfe gefährlicher Chemikaliencocktails, die in unterirdische Gesteinsschichten gepresst werden. Das hat die USA zum ersten Mal in ihrer Geschichte zu einem potentiell großen Exporteur von Erdgas gemacht.

Agrarindustrie

Mit TTIP sollen im Wesentlichen die von der Agrarindustrie auf beiden Seiten des Atlantiks angestrebten industriellen Standards durchgesetzt werden. So könnten amerikanische Produkte, wie Klon- und Hormonfleisch, Milch von Kühen, die mit gentechnisch erzeugtem Wachstumshormon behandelt wurden, sowie gentechnisch veränderte Pflanzen, auch in Europa erlaubt werden. Aktuell werden die bisherigen gesundheitlichen und pflanzenschutzrechtlichen Maßnahmen der EU von der US-Lobby massiv attakiert, da sie angeblich den Export von US-Waren beeinträchtigen.

Dabei geben die schwammigen Ausführungen der EU zu den eigenen Standards keine Gewähr, dass das bisherige Schutzniveau der EU aufrecht erhalten werden kann. So drohen die Verhandlungen zu den gesundheits- und pflanzenschutzrechtlichen Standards zum Einfallstor für die Aufweichung des in der EU-Verfassung verankerten Vorsorgeprinzips werden. Dieses wird insbesondere von der US-Agrar-, Gentechnik- und Chemielobby angegriffen.

Greenpeace merkt an, dass es nun gilt, die kleinbäuerliche und ökologische Landwirtschaft zu schützen. Eine bäuerliche und zukunftsfähige Landwirtschaft braucht ein faires Handelssystem, das die Interessen gerade kleiner Bäuerinnen und Bauern berücksichtigt und nicht die Interessen der Agrarindustrie bedient.

Klagen

Das EU-Mandat zum TTIP spricht beim Thema Investorenschutz eine deutliche Sprache: Investoren und Konzerne sollen geschützt werden und eigene Sonderklagerechte bekommen. Menschen und Umwelt werden dabei das Nachsehen haben.

Gefährliche Schutzstandards

Hinter dem Begriff und Kapitel zum „Investitionsschutz“ verbergen sich Regeln zum Schutz des Eigentums und der politischen Interessen von Investoren und Anwaltsfirmen. Politische Maßnahmen zur Regulierung internationaler Investoren sollen werden stark eingeschränkt.

Einer der gefährlichsten Standards im internationalen Investitionsschutz ist dabei die so unschuldig klingende Vorschrift, nach der die beteiligten Mitgliedsstaaten den Investoren eine „gerechte und billige Behandlung“ zusichern (oft auch „faire und gerechte  Behandlung“ genannt). Was allerdings „gerechte und billige“ Behandlung der Investoren ist, bestimmen nicht mehr Parlamente, Behörden oder Gerichte, sondern im Zweifel die Investitionsanwälte der geheimen Schiedsgerichte.

Die Folge: Mit Verweis auf diesen schwammig definierten Schutzstandard klagt z.B. der Konzern Philipp Morris in internationalen Schiedsverfahren gegen Gesundheitsschutzregeln beim Zigarettenverkauf. Oder der Konzern Vattenfall klagt unter Bezugnahme auf diesen Schutzstandard vor einem internationalen Schiedsgericht gegen den Atomausstieg in Deutschland und verlangt über 3,7 Mrd. Euro Schadensersatz. Was diese Unternehmen, ihre Anwaltsfirmen und die Schiedsgerichte als „gerecht und billig“ bewerten (und bei Verletzung ihrer Interpretation dann Entschädigungspflichten der Steuerzahler/innen ableiten) ist etwas anderes, als die Bürgerinnen und Bürger Europas sowie unsere ordentlichen Rechtssysteme darunter verstehen.

Sonderklagerechte

Mit den „wirksamen Mechanismus für die Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investor und Staat“ sind neue Investor-Staat-Klagerechte gemeint, die die EU für Investoren aus den USA und Europa einführen möchte. Diese Klagerechte bilden ein eigenes, privilegiertes Rechtssystem für internationale Investoren, denen sich bei Umsetzung des Handelsabkommen alle TTIP-Mitgliedstaaten, deren Parlamente, Regierungen und sogar Gerichte unterordnen müssten.

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Welche weiteren Auswirkungen dies auf den Umwelt- und Klimaschutz haben könnte, wagt man sich kaum vorzustellen. Gegenmaßnahmen, die zum Klimaschutz beitragen sollen, wurden in dem Abkommen nicht festgelegt. „Nicht eine einzige Maßnahme in diesem Papier legt nahe, dass Klimaschutz für den Handel eine Rolle spielen soll“, erklärt Greenpeace-Handelsexperte Jürgen Knirsch. Um ein Zeichen für mehr Transparenz zu setzen, hat Greenpeace einen gläsernen Leseraum für den Vertragstext vor dem Brandenburger aufgestellt, wo jeder interessierte Bürger sich die Papiere durchlesen kann.

Quellen:
http://www.ttip-leak.eu/
http://www.greenpeace.de/presse/presseerklaerungen/ttip-leaks-handelsabkommen-koennte-umweltstandards-auch-rueckwirkend
http://www.klimaretter.info/wirtschaft/hintergrund/21159-ttip-leck-klimaschutz-faellt-hinten-runter

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