Treibhausgasneutral bis 2050?

Es ist ein erster Erfolg auf dem weiten Weg zum Klimaschutz: Deutschland hat als erstes Land im Rahmen des Pariser-Abkommens einen Klimaschutzplan vorgelegt. Diesen stellte Umweltministerin Hendricks stolz auf der zurzeit laufenden UN-Klimakonferenz in Marrakesch vor. „Der Klimaschutzplan leitet eine Zeitenwende in der Klimapolitik ein“, erklärte Sie bei einer Pressekonferenz in Marrakesch. „Er ist das erste Regierungsdokument, mit dem wir den Weg in ein weitgehend klimaneutrales Deutschland skizzieren.“ Das Ziel ist eine weitgehende Treibhausgasneutralität bis 2050.

Der über 90-Seiten lange Plan enthält erstmals Klimaziele für einzelne Wirtschaftszweige und gibt so eine konkrete Orientierung für strategische Entscheidungen in den nächsten Jahren. Zur Erreichung dieser Ziele sind unter anderem folgende Maßnahmen geplant:

  • Die Bundesregierung setzt eine Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Regionalentwicklung“ ein. Die Kommission wird beim Bundesministerium für Wirtschaft und Energie angesiedelt unter Einbindung weiterer Ressorts sowie von Ländern, Kommunen, Gewerkschaften, Vertretern betroffener Unternehmen und Branchen sowie regionalen Akteuren. Sie wird Ihre Arbeit vorraussichtlich Anfang 2018 aufnehmen und Ergebnisse möglichst bis Ende 2018 vorlegen.
  • Der Klimaschutzplan enthält einen Fahrplan für einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand. Zentral ist die schrittweise Weiterentwicklung der energetischen Standards für Neubau und Bestand bei umfangreichen Sanierungen.
  • Ein Klimaschutzkonzept Straßenverkehr wird aufzeigen, wie die Treibhausgasemissionen bis 2030 gemindert werden können. Dies wird vor dem Hintergrund der entsprechenden Vorschläge auf EU-Ebene erfolgen. Dabei werden die Emissionen von PKW, leichten und schweren Nutzfahrzeugen einbezogen sowie Fragen der THG-freien Energieversorgung, der dafür notwendigen Infrastruktur und der Sektorkopplung (durch Elektromobilität) adressiert.
  • Die Bundesregierung wird gemeinsam mit der Industrie ein auf die Minderung klimawirksamer industrieller Prozessemissionen ausgerichtetes Forschungs- und Entwicklungsprogramm auflegen, das sich am Ziel der Transformation hin zur Treibhausgasneutralität orientiert.
  • Die Bundesregierung wird sich gemeinsamen mit den Ländern für die vollständige Umsetzung und den konsequenten Vollzug des Düngerechts, insbesondere der Düngeverordnung und der geplanten Rechtsverordnung zur guten fachlichen Praxis zum Umgang mit Nährstoffen in Betrieben, einsetzen, so dass der Zielwert der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie von 70 Kilogramm Stickstoff pro Hektar zwischen 2028 und 2032 erreicht wird.
  • Im Bereich Landnutzung und Forstwirtschaft stehen Erhalt und Verbesserung der Senkenleistung des Waldes im Vordergrund. Hierzu wird eine Ausweitung der Waldfläche in Deutschland angestrebt.
  • Schließlich soll geprüft werden, wie das Steuer- und Abgabesystem in Deutschland schrittweise weiterentwickelt werden kann, damit die Klimaschutzziele 2050 erreicht werden. Die Bundesregierung wird die ökonomischen Anreize für die Verursacher stärken, die Umweltbelastung zu senken und in Richtung nachhaltiger Produktions- und Konsumweisen zu steuern. Dazu werden klimaschädliche Anreizwirkungen verschiedener Steuern betrachtet.

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Das Ziel lautet: weitgehende Treibhausgasneutralität bis 2050. Ist das mit dem Klimaschutzplan 2050 zu schaffen? © BMUB

Umweltorganisationen jedoch zeigen sich kritisch. So weißt beispielsweise Greenpeace darauf hin, dass im Abschlussdokument eine Tabelle enthalten ist, die konkreten Einsparziele für einzelne Sektoren und eine „Kohle-Kommission“ angibt, deren Beginn aber deutlich verzögert wurde. „Die Bundesregierung hat heute faktisch den Ausstieg aus der klimaschädlichen Kohle und ein Ende des Verbrennungsmotors eingeläutet. Doch für das in Paris versprochene 1,5 Grad-Ziel reicht der Plan nicht aus. Will Deutschland sein Klimaversprechen einhalten, muss die Menge der Treibhausgase schnell drastisch verringert werden. Die Regierung muss nun von ihrem Schneckentempo auf Turboantrieb umschalten.“ kommentierte Karsten Smid, Greenpeace-Klimaexperte, den Klimaschutzplan.

Auch der WWF kritisiert den Kompromiss zum Klimaschutzplan. So erklärte Regine Günther, Generaldirektorin Politik und Klimaschutz beim WWF Deutschland: „Der jetzige Klimaschutzplan ist lediglich ein Fragment dessen, was im Klimaschutz wirklich benötigt wird. Der einzige Punkt auf der Haben-Seite: Die verschiedenen Sektoren erhalten nun konkrete Minderungsziele. Dies begrüßt der WWF. Die Soll-Seite ist aber deutlich länger. So gibt es keine adäquaten Maßnahmen, um diese Sektorenziele zu erreichen. Auch beim Thema Kohle – eine Leerstelle.  Von einem dringend notwendigen Verbot von Tagebauerweiterungen ist in dem Klimaschutzplan nun nichts mehr zu lesen. Die Kohlekommission soll erst nach der nächsten Wahl 2018 starten. Daneben fehlt ein Mindestpreis für CO2 in dem Kompromisspapier wieder vollständig. Mit diesem Paket haben die Industrie- und Energielobbyisten deutlich machen können, wie stark sie mittlerweile im Wirtschaftsministerium verankert sind. Mit solch einem Plan kann kein anspruchsvoller Klimaschutz betrieben werden.“

Kritik kommt auch vom deutschen Klimaexperten Jan Kowalzig von der Hilfsorganisation Oxfam: „Mit diesem Plan dürfte es schwierig werden, Deutschland bis 2050 weitgehend treibhausgasneutral zu machen. Das größte Versäumnis ist, dass der Plan den Kohleausstieg nicht mehr enthält. Das Einknicken von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel vor der Kohlelobby macht den Übergang zu erneuerbaren Energien und eine sozial verträgliche Abkehr von der Kohle unnötig schwierig.“

Das BUMB hat sogar ein kleines Erklär-Video zum Klimaschutzplan veröffentlicht: https://www.youtube.com/watch?v=WkNm5ZFzPhM&index=10&list=PL8RzGVmZSvAueWwtMuEsHZ8KPKqP1IXR2

Klimaschutzplan 2050: http://www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/klimaschutzplan_2050_bf.pdf

Quellen:
http://www.bmub.bund.de/themen/klima-energie/klimaschutz/nationale-klimapolitik/klimaschutzplan-2050/
http://www.bmub.bund.de/fileadmin/Daten_BMU/Download_PDF/Klimaschutz/klimaschutzplan_2050_kurzf_bf.pdf
http://www.klimaretter.info/politik/hintergrund/22261-viel-lob-fuer-deutschlands-klimaplan

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