Die Deutsche Umwelthilfe will durch eine Reihe von Klageverfahren ein gesetzliches Fahrverbot für Dieselfahrzeuge in bestimmten deutschen Umweltzonen erwirken. Grundlage dafür sollen bereits bestehende Entscheidungen des europäischen Gerichtshofs (EUGH) sein. Sollte die DUH Erfolg haben, wären acht deutsche Großstädte bald unfreiwillig Diesel-frei. Die Klagewelle sei die notwendige Konsequenz aus dem VW-Abgas-Skandal, so die DUH. Der reißt derweil noch immer nicht ab. Nun werden Verdächtigungen laut, dass ältere Diesel-Modelle möglicherweise nachträglich mit der Abschalt-einrichtung ausgestattet wurden und VW-Autohäuser über die Software informiert waren.
Wie die Deutsche Presseagentur gestern berichtete, gibt es einen neuen Fall im Abgas-Skandal der erneut Rätsel aufgibt. So sei im August 2015 bei einem TÜV-Abgastest eines alten VW Touran 2.0 TDI aus dem Jahr 2005 festgestellt worden, dass die Abgashöchstgrenze deutlich überschritten wurde. Der Besitzer des Fahrzeugs erhielt keine Plakette und musste den Touran in eine VW-eigene Werkstatt bringen. Das Autohaus untersuchte den Wagen und nahm technische Änderungen vor. Doch auch danach wurde die Höchstgrenze noch überschritten. Erst nachdem der Touran daraufhin erneut in das VW-Autohaus gebraucht wurde, wo „keine technischen Änderungen“ mehr vorgenommen wurden, sondern „lediglich eine neue Software auf das Steuergerät aufgespielt“ wurde, bestand das Fahrzeug den TÜV-Test urplötzlich, wie der Rechtsanwalt des Fahrzeughalters berichtete.
Das legt den Verdacht nahe, dass das Aufspielen der neuen Software den Schadstoffausstoß gezielt manipuliert hat, damit das Fahrzeug die Grenzwerte einhält. „Im Ergebnis würde dies bedeuten, dass jedes Altfahrzeug, das nicht von dem Rückruf betroffen ist, in ein ‚sauberes‘ Fahrzeug verwandelt werden könnte, wenn nur eine neue Software aufgespielt wird“, so der Rechtsanwalt. Zudem bestehe laut des Juristen damit zumindest der Anfangsverdacht, dass einige VW-Autohäuser von der Software zur Manipulation von Abgaswerten auf dem Prüfstand gewusst und diese vielleicht sogar selbst eingesetzt haben könnten. Bislang war man davon ausgegangen, dass in den Betrugsskandal nur ein sehr kleiner Kreis involviert gewesen ist. Wie der Focus gestern berichtete, wollte sich das betreffende Autohaus nicht zu den neuen Vermutungen äußern. Auch eine Antwort der Volkswagen Gruppe steht noch aus.
Derweil macht die Deutsche Umwelthilfe immer mehr Druck gegen die, so wörtlich „Dieselstinker“. Die Organisation ist der Meinung, dass vom Bund und den Ländern keine effektiven Maßnahmen zur Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Luftqualität ergriffen werden. Zudem weist sie darauf hin, dass die EU-Kommission die Bundesregierung bereits mehrfach aufgefordert habe, etwas gegen die hohe Belastung mit den Dieselabgasgiften (Nox) zu unternehmen. Zuletzt wurde sogar ein Vertragsverletzungsverfahrens eingeleitet – die Reaktion der Koalition blieb dennoch aus.
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Nun will die DUH auf Basis bereits bestehender Gerichtsurteile des EuGH Fahrverbote für Diesel in insgesamt acht deutschen Großstädten einklagen. Zudem sollen Zwangsvollstreckungs-verfahren zur Luftqualität für München, Darmstadt und Wiesbaden eingeleitet werden. Welche Städte und Ballungsgebiete genau betroffen sein werden, gibt die Umweltorganisation am 19. November 2015 bekannt. Zudem fordert die DUH die kurzfristige Nachrüstung öffentlicher Busse und eine massive Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs.
Sollte die Umweltorganisation mit ihrer Klagewelle Erfolg haben, und das Fahrverbot in Städten wirklich kommen, werden die Auswirkungen des VW-Skandals damit nicht nur VW-Fahrer, sondern alle Besitzer von Dieselfahrzeugen treffen. Dann wäre wohl auch mit einem massiven Rückgang der Verkaufszahlen von Diesel-PKW in Deutschland zu rechnen. Für die Umwelt und die Gesundheit der Bevölkerung wäre das zwar eine klar positive Entwicklung, dennoch wären die meisten Deutschen wohl nicht glücklich, den als sparsam und günstig geltenden Diesel nur noch eingeschränkt nutzen zu können. VW könnte dann noch mehr in Missgunst fallen, als es ohnehin bereits der Fall ist.
Quellen: Focus Online / Presseportal
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