Am 29. März lobte Umweltministerin Barbara Hendricks die konstruktive Debatte zum Thema Landwirtschaft, doch räumt sie ein, dass noch vieles verbessert werden muss. Artenschwund, belastete Gewässer, massenhaftes Tierleid und das Höfesterben kleinerer und mittlerer Bauernhöfe: Es muss sich dringend etwas ändern in der Landwirtschaft.
Auch heute noch sind die Bedingungen von Milchkühen, ob konventionell oder mit Biosiegel – prekär. Während Kühe früher gerade einmal sechs Liter Milch pro Tag gaben, liegen unsere Milchkühe heute bei über 40 Liter – ein Grund, warum viele an Schwäche und Krankheiten leiden und ihr Leben frühzeitig – meist nach fünf Jahren – in Schlachthöfen beendet werden muss. Das Problem, das dabei entsteht: Viele Milchkühe sind trächtig, wenn sie am Schlachthof ankommen.
Allein im Jahr 2016 wurden in Deutschland 35.000 trächtige Kühe geschlachtet, wobei auch die Kälber im Mutterleib sterben. Während das Muttertier mit einem Bolzenschuss vor der Schlachtung betäubt wird, hat diese Methode auf das ungeborene Kalb keinerlei Wirkung. Kälber, die über sieben Monate alt sind, verenden bis zu 20 Minuten lang qualvoll im Mutterleib und sterben schließlich an dem Mangel an Sauerstoff.
Die Tierärztin Prof. Katharina Riehn hat im Auftrag der Universität Hamburg eine Pilotstudie vorgelegt, die die Zahlen von 53 deutschen Schlachthöfen auswertete. Das Ergebnis war schockierend: Bis zu zehn Prozent der geschlachteten Rinder sind trächtig. Riehn macht auf die erschreckende Lage in Deutschland aufmerksam: „Das Schlachten trächtiger Rinder ist kein Einzelereignis, das heißt, es ist nichts, was zufällig passiert, sondern was regelmäßig an deutschen Schlachthöfen vorkommt.“ Die Bundestierärztekammer appellierte daher an die Politik: „Wir brauchen ein Schlachtverbot für hochtragende Rinder, das im Tierschutzgesetz oder in der Tierschutz-Schlachtverordnung verankert ist und das die Möglichkeit gibt, Tierhalter zu sanktionieren.“
Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt versprach daher, das Schlachtungsverbot gesetzlich zu verankern – Anfang 2016 äußerte er, die Umsetzung des Verbots bis Ende des Jahres durchsetzen zu wollen. Bisher ist jedoch nichts passiert. Doch woran liegt das? Die Schlachtung trächtiger Kühe ist vor allem aus wirtschaftlicher Sicht sinnvoll. Häufig leiden Milchkühe an Euterentzündungen, Klauenproblemen oder Stoffwechselstörungen. Sind die Gesundheitsprobleme zu schwerwiegend, kann eine Geburt zum Risiko werden und Betriebsleiter entscheiden sich lieber für die Schlachtung.
Doch auch die niedrigen Preise für Kalbsfleisch könnten für das Bestehenbleiben der Tierschutzproblematik verantwortlich sein. Da der männliche Nachwuchs von Milchkühen nur sehr wenig Fleisch ansetzt, hat sein Fleisch nur einen sehr niedrigen Wert – somit ist das Schlachten meist lukrativer.
Quellen:
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit
BR24
EcoWoman