1,27 Milliarden Tonnen Dung produzieren europäische Kühe und Schweine jährlich. Eine ungeheure Menge, die teilweise erhebliche Umweltprobleme verursacht. Auf die Felder aufgebracht gelangen darin enthaltene Wert- und Schadstoffe ins Grundwasser. Forscher wollen diese nun dem Mist entziehen und dabei Wasser und Energie gewinnen.
Kühe sind zwar nette Tiere und in Indien sogar heilig, aber sie machen jede Menge Mist. Kuhdung, der in der Landwirtschaft jährlich tonnenweise anfällt, wird als Düngemittel auf die Felder aufgebracht, wo er meist tagelang für eine deftige Duftnote sorgt. Das Ganze ist nicht unbedenklich, denn Auswaschungen des Kuhmists gelangen ins Grundwasser und damit auch Rückstände von Medikamenten, die in der konventionellen Tierzucht eingesetzt werden – oft sogar Keime.
Wissenschaftler haben nun aber eine ganz neue Einsatzmöglichkeit entdeckt. Sie wollen den Fladen das Wasser entziehen und so Trinkwasser gewinnen. Im Rahmen des Forschungsprojekts ManureEcoMine haben Wissenschaftler aus Deutschland, Spanien, Österreich, Belgien und den Niederlanden ein Verfahren entwickelt, in dem Gülle in mehreren Schritten aufgearbeitet wird.
Dem Kuhmist wird zunächst das Wasser entzogen. Darin enthalten sind gelöste Wert- und Schadstoffe. Der Wasserentzug erfolgt entweder durch Ultrafiltration, einer Methode, bei der das Wasser durch extrem feinporige Membranen gefiltert wird. Diese Membranen halten sämtliche Moleküle zurück, die größer sind als Wasser. Eine andere Möglichkeit ist die Umkehrosmose, ein gängiges Verfahren bei dem mit Hilfe des osmotischen Druckausgleichs Wasser abgetrennt wird. Derzeit stehen beide Möglichkeiten noch auf dem Prüfstand.
Das aus den Kuhfladen gewonnene Wasser wird anschließend aufgetrennt in Wert- und in Schadstoffe. Wertstoffe sind Pflanzennährstoffe, die in der Gülle enthalten sind und die weiterverwendet werden können. Vor allem Stickstoff- und Phosphorverbindungen lassen sich hervorragend als Düngemittel einsetzen. Die in Kuh- und Schweinemist enthaltenen Nährstoffe haben auf das Jahr gerechnet einen Wert von etwa 10,7 Milliarden Euro. Im Gegenzug zahlen Landwirte in der EU derzeit etwa 15,5 Milliarden Euro pro Jahr für synthetische Dünger. Die Wiederaufbereitung von Dung birgt damit ein enormes wirtschaftliches Potenzial.
Schadstoffe wie Medikamente und Keime werden entsorgt. Das verbleibende Festmaterial des Kuhmists kann in Biogasanlagen in Methangas umgewandelt werden. Damit soll in Zukunft die Energieversorgung der Mastbetriebe gesichert werden. Aus einem einzigen Kuhfladen lassen sich 0,1 Kilowattstunden Strom erzeugen.
Ein ähnliches Projekt läuft bereits in den Vereinigten Staaten. Dort wird allerdings Wasser für die Trinkwasseraufbereitung gefiltert. Viele Tierfarmen in den USA liegen in Regionen, die unter starkem Wassermangel leiden. Mit dem gewonnen und gereinigten Wasser können die Tiere getränkt werden. Nach derzeitigem Forschungsstand lassen sich aus 100 Litern Gülle rund 50 Liter Wasser gewinnen. Die Wissenschaftler arbeiten derzeit sogar daran, den Ertrag auf 65 Prozent zu steigern.
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