Tief unter der Erde im Wiesental, im Norden Aachens, verläuft ein großer Abwasserkanal, über den die Abwässer von rund 150.000 Personen entsorgt werden. Mehr als 300 Liter Abwasser fließen pro Sekunde durch den 3,20 Meter breiten und 2,55 Meter hohen Kanal. Die Abwässer haben auch im Winter eine Temperatur von rund 15 °C, Wärme, die bislang ungenutzt blieb. Die Stadtwerke Aachen STAWAG und die Wohnungsgesellschaft gewoge AG nutzen diese vorhandene Ressource nun, um vier Wohnhäuser mit über 120 Wohnungen zu beheizen.
In einem der größten Abwasserkanäle der Stadt Aachen wurde dazu ein Wärmetauscher installiert, der mit einem separaten Wasserkreislauf die Wärme für die Wärmepumpen liefert. Das Abwasser fließt auf einer Länge von rund 80 Meter über Edelstahlplatten mit sogenannten Wärmetauschern und erwärmt das saubere Kaltwasser im Inneren, das dann in den Wärmepumpenkreislauf und weiter in die Heiz-Zentrale fließt. Dort stehen zwei Wärmepumpen und zwei Speicher mit einem Fassungsvermögen von 1.200 Litern. Das Wasser wird auf eine Temperatur von 50 °C erwärmt und den vier Wohnblocks im Wiesental über ein Nahwärmenetz zugeführt.
Das Pilotprojekt, bei dem vier Wohnhäuser der Wohnungsgesellschaft nach ihrer Sanierung mit Heizenergie aus Abwasser versorgt werden, ist eine Premiere in Aachen. „Wir (…) erzeugen heute bereits jede zweite Kilowattstunde Strom für die Aachener Bürger mit eigenen Grünstromanlagen“, so Dr. Peter Asmuth, Vorstand der STAWAG. „Mit der Anlage im Wiesental nutzen wir nun erstmals zum Heizen und zur Warmwasserbereitung die ohnehin vorhandene Wärme des Abwassers – übrigens die größte Anlage in Europa.“
Besonders Regionen mit Thermalquellen, wie Aachen, bieten ein großes Potenzial für diese nachhaltige und energieeffiziente Nutzung bereits vorhandener Wärmequellen. Daher werden entsprechende Projekte sowohl auf europäischer als auch auf Landesebene gefördert. Die Abwasserwärmenutzungsanlage wurde finanziell durch das Land Nordrhein-Westfalen und den Bund unterstützt. Die energetische Modernisierung der Gebäude ist Bestandteil des Projektes EU-GUGLE. Mit diesem Projekt unterstützt die Europäische Union im Rahmen ihrer Smart City Initiative die Verbesserung der Energieeffizienz in sechs europäischen Städten.
Im Teilprojekt Aachen werden in Aachen-Nord Wohnungen der Stadt und der gewoge AG saniert. Insgesamt 2,8 Mio. Euro Fördermittel werden dabei für bauliche und technische Maßnahmen zur Verfügung gestellt, um die energiepolitischen Klimaschutzziele für das Jahr 2020 zu erreichen. „Im Rahmen von EU-GUGLE sanieren wir im Gebiet Aachen Nord bis zum Frühjahr 2018 rund 400 gesellschaftseigene und städtische Wohnungen, wobei die energetische Sanierung im Mittelpunkt steht“, so Thomas Hübner, Vorstand der gewoge AG.
Nicht nur die Förderzuschüsse machen die Nutzung nachhaltiger Energieressourcen auch wirtschaftlich zu einer attraktiven Alternative für Wohnungsgesellschaften.
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