Um das Angebot an qualitativ hochwertigen Bio-Produkten zu erweitern, sieht die EU-Kommission eine neue Öko-Verordnung vor. Die neue Verordnung soll das Vertrauen der Verbraucher in Bio-Erzeugnisse wiederbeleben und festigen. Doch dass diese Gleichung aufgeht, bezweifeln Bio-Verbände und Bundesregierung gleichermaßen.
Denn die geplanten Änderungen der Öko-Verordnung lösen aus Sicht der Verbraucher keine Probleme, so der Bundesverband der Verbraucherzentralen. Folgt man dem eigentlichen Ziel der Änderungen, müsste der neue Entwurf komplett anders aussehen. Die Bundesregierung führt in ihrem Schreiben an die EU-Kommission aus, dass der Entwurf Erzeugung, Verarbeitung und Handel mit Bio-Produkten eher noch erschwert. Zudem werde die eigentliche positive Entwicklung des ökologischen Landbaus damit geschwächt. Und mit dieser Meinung steht die Bundesregierung nicht allein da.
Dabei ist die aktuelle Fassung erst vor gut fünf Jahren, Anfang 2009, in Kraft getreten. Erfahrungsgemäß werden gesetzliche Änderungen erst nach einigen Jahren in der Praxis sichtbar. Eine erneute Änderung würde laut dem Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) keine Verbesserungen, sondern eher noch mehr Rechtsunsicherheiten schaffen. Auch von wissenschaftlicher Seite aus wurde die bisherige Öko-Verordnung zwar analysiert, jedoch rieten Experten von einer kompletten Neufassung ab. Denn schon jetzt stelle die EU-Öko-Verordnung eine vernünftige Basis für eine nachhaltige Entwicklung des Öko-Landbaus in der EU dar, so der Bericht der Forscher. Problematisch sei hingegen, dass die Verordnung von den einzelnen Mitgliedsstaaten unterschiedlich streng gehandhabt wird.
Vorschläge der Bio-Verbände nicht berücksichtigt
Der neue Gesetzesentwurf der EU sieht unter anderen eine Streichung von Ausnahmen, die zuvor für die Bio-Betriebe in 28 Ländern eigentlich unumgänglich waren, vor. Dies würde allerdings für viele Bio-Betriebe das wirtschaftliche Ende bedeuten. Die gewünschte Ausweitung der Bioproduktion würde damit nicht gefördert, sondern vielmehr verhindert. Auch die Einführung eines neuen Pestizid-Grenzwertes für Bio stößt auf Kritik.
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Zwar heißt es, dass immer noch zu wenig Bauern ihren Anbau auf Bio umstellen, jedoch erschwert die neue Verordnung den Ein- bzw. Umstieg zusätzlich. Denn die während der Umstellungszeit produzierten Güter dürfen nicht mehr als „Umstellungsware“ deklariert werden, sondern müssen als billigere konventionelle Produkte verkauft werden. Das bedeutet für die Bauern einen erheblichen Verlust. Eine weitere Einschränkung des Produktangebots am Standort droht durch die notwendige Zertifizierung durch jede Verkaufsstelle, also jeden Laden, Tankstelle oder Kiosk, der Bio-Produkte anbietet. Auf Grund der aufwendigen Kontrollen würden kleinere Läden wohl das Bio-Sortiment ganz aus ihrem Angebot streichen.
Darüber hinaus soll die Öko-Kontrolle in die staatliche Verantwortung fallen, was wiederum einen gewaltigen Organisations- und damit Zeitaufwand bedeuten würde. Ob die Kontrollen im Zweifelsfall sinnvoll oder wirksam seien, bleibt dabei offen. Galt bisher der Herstellungsprozess als Maßstab für die Bewertung von Bio-Produkten, so sollen zukünftig strikte Grenzwerte in verschiedenen Kriterien gelten. Das jedoch führt wiederum zu Definitionsschwierigkeiten, denn beispielsweise kann das Tierwohl nicht an einem Grenzwert gemessen werden, so die Meinung von Elke Röder, Geschäftsführerin des Bundesverbandes Naturkost Naturwaren (BNN).
Noch sind diese und weitere Regelungen lediglich Vorschläge; sowohl EU-Parlament als auch der Ministerrat müssen zu dem Entwurf Stellung nehmen. Außerdem werden sich die Landwirtschaftsminister der EU-Mitglieder sowie das neu gewählte EU-Parlament detailliert mit der Novelle auseinandersetzen müssen. Die Beratungen können sich demnach über Monate hinziehen. Zeit für Naturverbände und Bio-Kunden, sich schlau zu machen und die Volksvertreter gezielt anzusprechen. Denn auch die EU-Parlamentarier könnten den Vorschlag zurückweisen und damit eine Neufassung des Gesetzes verhindern.
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