Klimabedingte Wetterextreme verursachen immer häufiger erhebliche Schäden an Mensch und Natur. Meist sind Entwicklungsländer am stärksten betroffen, die Industrie-nationen werden bislang weitgehend verschont. So zumindest die gängige Meinung. Glaubt man jedoch dem Globalen Klima-Risiko-Index 2016 der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch, stimmt das so nicht mehr. Auch in vielen reichen Länder ereignen sich immer häufiger Wetterkatastrophen. Von allen Industrienationen am heftigsten getroffen habe es in den vergangenen 20 Jahren Deutschland.
In Paris verhandeln die Delegierten der Vereinten Nationen (UN) derzeit über ein weltweit verbindliches Klimaabkommen. Das Ziel: Die globale Erwärmung soll auf maximal zwei Grad gegenüber dem vorindustriellen Zeitalter (ca. 1850) begrenzt werden. Sollte das nicht gelingen, und die Erde sich über diese Grenze hinaus erwärmen, drohen die Auswirkungen unkontrollierbar zu werden.
Schon heute hat sich die Erde laut des International Panel on Climate Change (IPCC) um fast ein Grad erwärmt. Die Folgen sind überall auf der Welt spürbar. Hitzewellen, Dürren, Überschwemmungen, Hurrikans, Zyklone und Taifune – solche extremen Wetterereignisse haben in den letzten 20 Jahren messbar zugenommen. Fast alle diese Wetterextreme hatten einen Klimabezug, wie eine aktuelle Studie kürzlich belegte (CEP berichtete).
Die Umweltorganisation Germanwatch hat auch in diesem Jahr wieder untersucht, welche Länder am stärksten von solchen klimabedingten Wetterkatastrophen betroffen sind. Für ihren letzte Woche veröffentlichten Globalen Klima-Risiko-Index 2016 (KRI) analysierte Germanwatch die menschlichen Auswirkungen (Todesopfer) sowie die direkten wirtschaftlichen Verluste. Zudem veranschaulicht der Risiko-Index, welche Wetterextreme in bestimmten Regionen am häufigsten auftraten. Im KRI 2016 sind die Extremereignisse des Jahres 2014 sowie für den gesamten Zeitraum zwischen 1995 bis 2014 erfasst. Wir haben die Ergebnisse für Sie zusammengefasst:
Insgesamt 525.000 Todesopfer
Insgesamt starben zwischen 1995 und 2014 mehr als 525.000 Menschen als direkte Folge von mehr als 15.000 extremen Wetterereignissen. Es kam in diesem Zeitraum zu Verlusten von mehr als 2,97 Billionen US-Dollar (in Kaufkraftparitäten). Im letzten Jahr verursachten vor allem Starkregen, Überflutungen und Erdrutsche die größten Schäden. Germanwatch schreibt, die häufiger auftretenden extremen Regenfälle entsprächen den Erwartungen vieler Klimaforscher. Diese warnen seit Jahren vor verstärkten Wasserkreisläufen durch die globale Erwärmung.
Entwicklungsländer leiden am meisten
Noch immer leiden die armen Nationen am stärksten unter den Folgen von Wetterextremen. Neun der zehn am stärksten betroffenen Länder (1995–2014) sind Entwicklungsländer aus der Gruppe der Länder mit niedrigem oder niedrigem mittleren Pro-Kopf-Einkommen. Lediglich Thailand gehört zu den Ländern mit höheren mittleren Einkommen.
Am schlimmsten betroffen seien Honduras (Platz 1), Myanmar (Platz 2) und Haiti (Platz 3) gewesen. In Honduras ereigneten sich zwischen 1995 und 2014 insgesamt 73 Wetterkatastrophen mit 303 Todesopfern. In Myanmar starben bei 41 Ereignissen sogar etwa 7137 Menschen. In Haiti fanden 252 Menschen den Tod. Die meisten Wetterkatastrophen und die größten wirtschaftlichen Schäden ereilten die Menschen auf den Philippinen. 337 solcher Katastrophen verursachen dort Schäden in Höhe von über 2,5 Milliarden US-Dollar in Kaufskraftparitäten. In allen vier Ländern waren vor allem schwere Stürme für die große Zerstörung verantwortlich. Die Philippinen seien jährlich sogar von bis zu neun Taifunen getroffen worden.
Von allen Industrienationen ist Deutschland am stärksten betroffen
Nachdem Hitzewellen und Überschwemmungen mittlerweile auch bei uns keinesfalls mehr die Ausnahme sind, überrascht auch das Ergebnis des Risiko-Index für den europäischen Kontinent kaum noch. Überraschend ist allerdings, dass Deutschland das am stärksten betroffene Land in Europa ist. Im globalen Vergleich liegen wir auf dem 18. Platz, gefolgt von zwei anderen europäischen Ländern: Frankreich und Portugal (beide 19. Platz). Die Bundesrepublik gehört damit zu den 20 Ländern der Welt, die am häufigsten von schweren Wetterkatastrophen heimgesucht werden. Zu diesem Ergebnis habe vor allem die schwere Hitzewelle 2003, die europaweit rund 70.000 Todesopfer forderte, und das wiederholte Hochwasser an Elbe, Donau, Rhein und Oder beigetragen.
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Germanwatch räumt ein, dass die Auswertungen über die Schäden und Todesopfer durch die Wetterextreme keine Aussage darüber erlauben würde, welchen Einfluss der Klimawandel bei diesen Ereignissen hatte. Dennoch soll der KRI dazu dienen, sich durch Katastrophenvorsorge und Anpassung an den Klimawandel besser auf vermehrte und heftigere extreme Wetterereignisse vorzubereiten. Germanwatch verweist in diesem Zusammenhang auf die Wichtigkeit des Weltklimagipfels in Paris. Um als Erfolg zu gelten, müsse dort „ein allgemein gültiges und langfristiges Klimaregime geschaffen werden, das betroffene Bevölkerungen schützt“. Dazu seien Investitionen in Anpassungsmaßnahmen sowie die Aufnahme einer internationalen Agenda zu klimawandelbedingten Schäden und Verlusten nötig.
Quelle: Germanwatch
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