Die globale Erwärmung verschlechtert schon heute die weltweite Getreideernte deutlich. In Zukunft könnten durch den Klimawandel ausgelöste extreme Wetterereignisse wie Hitzeperioden, fehlender Niederschlag und Dürren immer häufiger zu drastischen Ernteverlusten führen. Dies könnte besonders die Bevölkerung in den Industrienationen treffen. Das sind die zentralen Ergebnisse einer neuen Studie von Forschern der kanadischen Universität in Vancouver. Sie warnen, dass sich die Landwirtschaft in den reichen Ländern schnellstmöglich an die neuen Bedingungen anpassen müsse. Wie aber kann das gelingen?
Extreme Wetterereignisse haben uns seit Beginn des neuen Jahrtausends überdurchschnittlich häufig getroffen. Extreme Hitzewellen, wie 2003 in Europa, langanhaltende Dürren, wie seit 2014 in Kalifornien, Teilen von Afrika und im Mittleren Osten und Überschwemmungen wie zuletzt in Großbritannien – viele Wissenschaftler sehen einen direkten Zusammenhang zwischen dieser Häufung von Extremwetterereignissen und der sich immer schneller erwärmenden Erde.
Schon heute haben rund um den Globus fast eine Milliarde Menschen nicht genug zu essen. Hitzewellen, ausbleibender Regen und Dürren vernichten ganze Ernten. Geografen und Forscher der Universität of British Columbia im kanadischen Vancouver haben sich nun erstmals direkt mit den Folgen der klimabedingten Extremwetterereignisse für die weltweite Getreideernte beschäftigt. Sie suchten nach der Antwort auf die Fragen: Wenn der Klimawandel weiter voranschreitet und extreme Wetterereignisse immer öfter stattfinden, welchen Einfluss wird das auf die globale Getreideernte haben? Und wie können wir uns darauf vorbereiten?
Dazu untersuchten sie eine weltweite Datenbank, in der die Wetterextreme der letzten 50 Jahre dokumentiert sind, und verglichen diese Daten mit offiziellen Angaben zur landwirtschaftlichen Produktion rund um den Globus. Dadurch konnten sie gezielte Rückschlüsse darauf ziehen, wie sehr solche Wetterereignisse die Ernte beeinflussen und wohl künftig beeinflussen werden. Ihre Studie veröffentlichten sie jetzt im Fachmagazin Nature.
Das Ergebnis: Im untersuchten Zeitraum zwischen 1964 und 2007 verringerten Hitzewellen und extreme Dürren die Ernte deutlich: Wenn ein Land von einem Extremwetterereignis getroffen wurde, fielen bis zu 10 Prozent der Ernte aus. Die große Überraschung der Studie ist jedoch etwas anderes: Anders als vermutet treffen solche Katastrophen gerade die Industrienationen besonders heftig. Dort seien die Ernteeinbußen, verglichen mit den untersuchten Entwicklungsländern, um rund acht bis elf Prozent größer gewesen. Der Geologe Navin Ramankutty, Co-Autor der Studie, glaubt zu wissen warum:
„Westliche Farmen sind oft besonders effizient und produzieren sehr hohe Ernten, wenn das Klima stabil ist. Bei extremen Wetterereignissen allerdings brechen die Ernten regelrecht ein.“ Das liege wahrscheinlich daran, dass die in den reichen Ländern ausgesäten Getreidesorten hochspezialisierte Pflanzen seien, die in Monokulturen angebaut würden und sehr empfindlich auf sich drastisch ändernde Umweltbedingungen reagierten.
Die Landwirtschaft in den westlichen Ländern müsse sich daher dringend an die immer häufigeren Extremwetterereignisse anpassen, rät der Geograf. Mehr landwirtschaftliche Vielfalt könnte hier der Schlüssel sein. Das zeige sich vor allem, da die Ernteeinbußen in vielen Entwicklungsländern im Falle von Dürren und Hitzeperioden weniger heftig ausfallen. Dort werde zwar generell weniger geerntet als in den spezialisierten Monokulturen der Industrieländer, doch die Pflanzen könnten mit extremen Wetterereignissen wesentlich besser fertig werden.
„Es gibt kleine Farmen, die verschiedene Getreidearten mit unterschiedlichen Methoden anbauen. Die vielfältigeren Anbausysteme erweisen sich als robuster gegenüber Extremwetterereignissen,“ so Ramankutty. „Erfolgreiche Landwirtschaft in Zeiten des Klimawandels wird wahrscheinlich einen Kompromiss zwischen niedrigeren Ernten und größerer Resistenz bedeuten“.
Extreme Wetterereignisse werden uns immer öfter treffen, sind sich die Forscher einig. „Wir wissen, dass uns solche Phänomene in Zukunft häufiger und stärker treffen werden. Wir brauchen Anpassungsstrategien, um damit umzugehen. Dass landwirtschaftliche Vielfalt- wie in den Entwicklungsländern – robuster ist, könnte eine wichtige Einsicht sein,“ glaubt Ramankutty.
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Dass uns eine Ära von schweren Wetterkatastrophen bevorsteht, glauben mittlerweile viele Klimatologen und hochrangige Regierungsmitglieder überall auf der Welt. Auch hinter den schweren Dürren, die seit 2014 in Kalifornien, Afrika und dem Mittleren Osten herrschen, wird zumindest teilweise der Klimawandel vermutet. Die Gefahr scheint mittlerweile so bewusst, dass sogar das Militär in den USA und in Großbritannien Notfallpläne zur Reaktion auf extreme Wetterereignisse aufgesetzt haben.
Und so wird sich auch das Problem mit der Nahrung in Zukunft deutlich verschärfen. Im Jahr 2050 werden Schätzungen zufolge 10 Milliarden Menschen die Erde bevölkern. Immer häufigere Dürren und Hitzewellen werden die Landwirtschaft dann vor große Probleme stellen. Und das werden nicht die einzigen Wetterkatastrophen bleiben. Auch Starkregen und schwere Überschwemmungen werden wohl häufiger auftreten als in Zeiten vor der globalen Erwärmung. Deren Auswirkungen wurden in der Studie noch gar nicht berücksichtigt. Das soll in einer der nächsten Studien folgen.
Quelle: Deutschlandfunk / CBC News
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