Bis zum Jahr 2050 sollen die Treibhausgasemissionen, laut der europäischen Klimaschutzziele, um mindestens 80 Prozent gesenkt werden. Dies setzt eine substanzielle Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien voraus. Im Projekt »RES-DEGREE« untersuchten Forscher des Fraunhofer ISE und des E3MLab der Technischen Universität Athen gemeinsam, wie die europäischen Klimaschutzziele erreicht werden können und welche Auswirkungen dies auf den Anteil erneuerbarer Energien am europäischen Strommarkt und den Stromaustausch zwischen den Ländern hat.
Im Rahmen des Projektes analysierten die Forscher am Beispiel Deutschland-Griechenland, wie durch die verstärkte Kopplung nationaler und regionaler Stromnetze Synergien in Bezug auf einen kostengünstigen Umbau der Stromsysteme erschlossen und maximiert werden können. Die Analyse von Standortfaktoren, wie lokale Einstrahlungsbedingungen oder nationale Kostenfaktoren, spielen dabei ebenso eine Rolle, wie die Übertragungswege für den Stromaustausch zwischen den beiden Ländern. Das Projektteam des Fraunhofer ISE entwickelte eine im Projekt verwendetete Methodik, die es ermöglicht, hochaufgelöste Potenziale erneuerbarer Energien in einem Energiesystemmodell für den Stromsektor Europa zu berücksichtigen.
Dazu wurden detaillierte Erzeugungs-, Potenzial- und Kraftwerksdaten ohne große Qualitätsverluste in das am Fraunhofer ISE entwickelte Ausbauoptimierungsmodell ENTIGRIS für den deutschen und europäischen Stromsektor integriert. Dieses Modell bietet die Möglichkeit, Aussagen über die optimale Verteilung von erneuerbaren und konventionellen Kraftwerken im Zusammenspiel mit der notwendigen Netzinfrastruktur zu treffen.
Das Ergebnis der Analyse anhand der beiden Beispielländer zeigt, dass zum Erreichen der Klimaschutzziele ein Anteil von 30–35 Prozent erneuerbarer Energien im Jahr 2030 notwendig ist.
Eine besonders interessante Erkenntnis ist, dass besonders bei höheren Anteilen in Deutschland, Standorte mit schlechterem Wind- oder Solarangebot einen Vorteil gegenüber Standorten mit zwar sehr guten Bedingungen für Windenergie und Photovoltaik, aber erhöhten Netzausbaukosten haben. Laut der Berechnungen sind daher Windkraftanlagen auch im Süden und Solarstromanlagen im Norden von Deutschland attraktiv, weil die erforderlichen Netzausbaukosten den durch den jeweiligen Standort bedingten geringfügig verminderten Stromertrag übertreffen würden.
Die spezielle Fragestellung im Projekt »RES-DEGREE«, inwieweit eine Verstärkung aller Netzverbindungen zwischen Deutschland und Griechenland bzw. Italien von Nutzen sein kann, konnte durch eine Szenarien-Analyse positiv beantwortet werden. Sowohl die Modellierungsergebnisse am griechischen E3MLab mit dem PRIMES-Modell, als auch die Ergebnisse mit ENTIGRIS bewerten einen verstärkten Netzausbau und Stromfluss in beide Richtungen als positiv. Die Länder, sowohl in Südeuropa als auch in Mitteleuropa, profitieren dabei von der stärkeren Vernetzung, da beispielsweise Solarstrom nach Norden, aber auch Windstrom in den Süden transportiert werden kann. Das Fraunhofer ISE empfiehlt auf Basis der Ergebnisse aus dem deutsch-griechischen Forschungsprojekt eine zusätzliche, stärkere Vernetzung und einen erhöhten Austausch zwischen den europäischen Strommärkten sowie eine intensivere Koordinierung nationaler Energiepolitik und Infrastrukturmaßnahmen.
- Das könnte Sie auch interessieren:
- Erneuerbare haben fossile Energien endlich überholt
- Stromspeicher im Vergleich: eine Infrastruktur für die Energiewende
- Neues Prognoseverfahren für Solarstromeinspeisung
- Agrophotovoltaik – Doppelte Ernte mit Salat und Solar
Das Projekt »RES-DEGREE« wurde auf deutscher Seite vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert, die Forschungsarbeiten am E3MLab der Technischen Universität Athen wurden vom griechischen General Secretariat for Research and Technology unterstützt. Mit der im Projekt entwickelten Modellplattform ENTIGRIS und dem PRIMES-Modell kann das Zusammenspiel zwischen den EU-Klimazielen und energiepolitischen Zielen auf nationaler Ebene mit weiteren Modellanalysen stärker detailliert und konkretisiert werden. Die Ergebnisse wurden in einem abschließenden Bericht veröffentlicht (s.u.).
Quelle: https://www.ise.fraunhofer.de/de/downloads/pdf-files/projektberichte/res-degree_final_report.pdf
Add comment