Weltweit wird sich der Bedarf an Nahrungsmitteln bis 2050 etwa verdoppeln, besonders der Anteil tierischer Produkte wird dabei stark zunehmen – so das Ergebnis einer neuen Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Wie wir uns in Zukunft ernähren werden, ist nicht nur für die Ernährungssicherheit von großer Bedeutung. Es ist auch die Grundlage für die Entwicklung der Treibhausgasemissionen aus der Landwirtschaft, so die Forscher.
Mithilfe einer anschaulichen statistischen Methode haben die Wissenschaftler Zukunftsszenarien für den globalen Kalorienverbrauch erstellt. Ihre Ergebnisse visualisieren sie in einer interaktiven Online-Anwendung, mit der die künftige Nachfrage nach pflanzlichen und tierischen Produkten pro Kopf und Tag für die jeweiligen Kontinente nachvollzogen werden kann.
„Langzeitvorhersagen des globalen Nahrungsmittelbedarfs sind immens wichtig, wenn es um globale Nahrungssicherheit, um die Ernährungsweise der Menschen oder um Umweltbelastungen wie die landwirtschaftlichen Treibhausgasemissionen geht“, so die Leitautorin Susanne Rolinski. „Unsere Studie liefert erstmals eine statistisch robuste Methode, mit der eine Spannbreite möglicher Zukunftspfade für die Entwicklung des Nahrungsmittelbedarfs erstellt werden kann.“
Im frei zugänglichen Journal PLOS One wenden die Wissenschaftler ihre neue Methode exemplarisch für vier anerkannte globale sozio-ökonomische Entwicklungsszenarien, den sogenannten SRES-Szenarien, des Weltklimarats an. Die Methode kann jedoch auch auf andere sowie zukünftige Entwicklungen angewendet werden. Die Ergebnisse der Forscher deuten auf einen starken Anstieg des globalen Nahrungsmittelbedarfs bis 2050 hin.
Unterernährung sinkt, aber ungesunde Ernährung hat Folgen
„Bei kontinuierlichem Einkommenswachstum stehen die Chancen gut, dass Unterernährung, wie sie als Massenphänomen in vielen Ländern existiert, bis zur Mitte des Jahrhunderts stark zurückgehen wird“, erklärt der zweite Leitautor Benjamin L. Bodirsky. „Doch schon heute verursacht ungesunde Ernährung eine höhere Sterblichkeit als Unterernährung und Hunger.“
Die Online-Anwendung zeigt mögliche Szenarien für den Nahrungsbedarf der Zukunft © pik-potsdam.de
Eine ungesunde Ernährungszusammensetzung mit zu viel rotem Fleisch, Zucker und verarbeiteten Nahrungsmitteln, stellen einen wichtigen Risikofaktor für nicht übertragbare Krankheiten dar. Zu diesen gehören beispielsweise Diabetes II, Krebs, sowie Herz- und Kreislaufkrankheiten. Durch den prognostizierten hohen Anstieg des Fleischkonsums in Schwellenländern könnte dieser Risikofaktor künftig sogar noch relevanter werden.
Die Pro-Kopf-Nachfrage nach Kalorien wird laut der Simulationen voraussichtlich in allen Regionen der Welt ansteigen. Dazu rechnen die Wissenschaftler nicht nur den höheren tatsächlichen Verbrauch, sondern auch, dass in vielen Haushalten immer mehr Lebensmittel in den Abfall geworfen werden.
Die Rolle der Landwirtschaft in unserer Zukunft
Das wissenschaftliche Modell für die Nahrungsmittelnachfrage kann genutzt werden, um Langzeitszenarien zu Nahrungskonsum in Haushalten in allen Ländern der Welt zu erstellen. Die Basis für die Berechnungen und Prognosen liefern statistischen Analysen historischer Daten zu Ernährungsgewohnheiten und Einkommen für 162 Länder aus den letzten 46 Jahren. Durch die Verwendung verschiedener Hypothesen – beispielsweise in Hinsicht auf das Einkommens- und Bevölkerungswachstum – kann eine Vielzahl von Szenarien untersucht werden, die konsistent mit dem Ernährungswandel der Vergangenheit sind.
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„Von Klimawandel bis Armut, von Hunger bis Gesundheit: Landwirtschaft spielt eine große Rolle für die Gestaltung unserer Zukunft“, betont Ko-Autor Hermann Lotze-Campen, Leiter des PIK Forschungsbereichs Klimawirkung und Vulnerabilität. „Unsere Studie zeigt einerseits, dass in einigen Regionen, wie in Subsahara-Afrika, Unterernährung in den folgenden Jahrzehnten voraussichtlich fortbestehen wird und ein langfristiges Engagement erfordert. Andererseits zeigen unsere Ergebnisse aber auch die Notwendigkeit auf, in entwickelten Ländern zu einer gesunden Ernährung zurückzukehren, die sowohl Klima und Umwelt als auch der Gesundheit der Menschen zugutekommt: In einigen der reichsten Länder ist der Anteil der auf tierischen Produkten basierenden Kalorien schon jetzt rückläufig.“
Weiter Informationen zu dem Food Demand Model gibt es unter:
https://www.pik-potsdam.de/demand-scenarios
Link zum Online-Tool: „GLOBAL FOOD DEMAND SCENARIOS for the 21st century“
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