Dass die Prognose eines kompletten Abschmelzens der Himalaya-Gletscher bis zum Jahr 2035, wie sie im letzten Bericht des Weltklimarates (IPCC) veröffentlicht wurde, mit hoher Wahrscheinlichkeit übertrieben sein dürfte, wurde in Expertenkreisen schon länger diskutiert. Nun hat ein internationales Forscherteam dies bestätigt und in einer Studie zwar die Gletscherschmelze an sich bestätigt, aber deren Geschwindigkeit nach unten korrigiert.
Als Hauptursache für die bisher eher ungenauen Voraussagen der Gletscherschmelze geben die Forscher lückenhafte Kenntnisse der Himalaya-Region an. So ergaben die aktuellsten Kartierungen durch Satellitendaten, dass die Gletscherflächen im Himalaya und Karakorum bis zu 20 Prozent kleiner sind, als fehlerhafte Kartierungen früherer Studien angeben. Die neuen Messungen bestätigen außerdem, dass die Schwundszenarien im letzten IPCC-Bericht übertrieben waren. So nahm die Fläche der Gletscher in den letzten Jahrzehnten in etwa zwischen 0,1 und 0,6 Prozent pro Jahr ab und die Gletscheroberflächen sanken um rund 40 Zentimeter pro Jahr.
Laut Tobias Bolch von der Universität Zürich entspricht eine Schmelze dieser Größenordnung dem globalen Mittel: „Die Mehrheit der Himalaya-Gletscher nimmt ab, aber deutlich weniger schnell als bisher prognostiziert.“ In ihrer Studie geben die Wissenschaftler aufgrund dieser Ergebnisse vorerst also auch Entwarnung für hunderte Millionen Menschen in Südasien, die von den Süßwasserspeichern der Himalaya-Gletscher abhängig sind. Demnach wird sich das Abschmelzen der Himalaya-Gletscher in den nächsten Jahrzehnten nur unwesentlich auf den Wasserabfluss großer Ströme wie Ganges, Indus und Brahmaputra auswirken.
Ein deutlich größeres Gefahrenpotenzial für die lokale Bevölkerung sehen die Glaziologen in ihrer, im Wissenschaftsmagazin „Science“ veröffentlichten Studie hingegen in Wasser- und Geröllfluten, die durch potentielle Ausbrüche von Gletscherseen verursacht werden, wie Bolch berichtet: „Aufgrund des zu erwartenden Gletscherschwundes rechnen wir mittelfristig mit einer größeren Variabilität bei den saisonalen Wasserabflüssen. Einzelne Täler könnten saisonal trocken fallen.“ Um die Gefährdung der dort lebenden Menschen möglichst kalkulierbar zu machen, raten die Wissenschaftler aus diesem Grund zu einer umfassenderen Überwachung dieser Gletscherseen.
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