„Verkohlte“ Biomasse – bezeichnet als Biokohle – macht Böden fruchtbarer und entzieht der Atmosphäre auch noch CO2. Als Bestandteil der terra preta schon seit 2.500 Jahren im Amazonasbecken bekannt, bietet sie gewichtige Gründe, um sie zu einem zentralen Forschungsgegenstand zu machen. Doch worum handelt es sich bei dieser potentiellen Wunderwaffe gegen Hunger und globale Erwärmung?
Am Beginn standen die Ureinwohner des Amazonasbeckens. Sie sammelten ihre organischen Abfälle in Tongefäßen, und überließen diese mit einem Deckel verschlossen sich selbst. Schwelbrände taten ihr Übriges, ein dunkles, poröses Substrat entstand. Bald bemerkten die Indios, dass danach der Mais in diesen Töpfen doppelt so hoch wuchs und brachten das Material auf ihren Feldern aus. Diese Theorie zur Entstehung der bis zu 7.000 Jahre alten und äußerst fruchtbaren Schwarzerden (terra preta) ist heute unter Wissenschaftlern weitgehend anerkannt.
In jüngster Zeit wurde die Biokohle von Johannes Lehmann, Professor an der Cornell University in Ithaca, USA, als probates Mittel zur Bodenverbesserung wieder entdeckt. Er schreibt ihr zwei grundlegende Eigenschaften zu, welche sie zu einer wichtigen Waffe im Kampf gegen einige der größten Umweltprobleme unserer Zeit machen könnten:
1. Sie hält Nähr- und Schadstoffe genauso wie Wasser im Boden zurück.
2. Sie stellt eine sehr stabile Form von organischer Substanz im Boden dar.
In Böden eingebracht, macht die Biokohle diesen also fruchtbarer und den Einsatz mineralischer Dünger großteils unnötig. Die Erträge steigen, die Umweltverschmutzung sinkt – und auch der globalen Erwärmung scheint sie entgegenzuwirken. Ihre hohe Stabilität macht sie zu einer potentiellen Kohlenstoffsenke und verringert damit auch die Menge an atmosphärischem CO2. Einhelliger Tenor in der Forschung ist somit: Zum einfachen Verbrennen ist diese Kohle zu schade.
Auch in Deutschland arbeiten aktuell viele Wissenschaftler daran, der Idee der terra preta mit moderner Technik neues Leben einzuhauchen. Einige, wie zum Beispiel eine Arbeitsgruppe der FH Bingen, setzen auf Biokohle, die durch Pyrolyse hergestellt wird: Organisches Material wird in einem abgeschlossenen Reaktor (Pyreg-Reaktor) erhitzt. Die Biomasse „verschwelt“ unter Luftabschluss, wobei nur sehr wenig CO2 freigesetzt wird. Das als Nebenprodukt austretende Gas kann über einen Kraft-Wärme-Koppler in Strom verwandelt oder schadstoffarm verbrannt werden. Als Produkt der Pyrolyse bleibt Biokohle zurück, welche in etwa 60 Prozent des ursprünglich von den Pflanzen aufgenommenen CO2 speichern kann. Verbrennt oder verrottet das organische Material an der Luft, geht ungleich mehr CO2 wieder zurück in die Atmosphäre.
Am Max-Planck-Institut in Potsdam wird schon seit einiger Zeit an einer Biokohle aus dem „Dampfkochtopf“ geforscht. Hydrothermale Carbonisierung (HTC) heißt das Stichwort. Dabei wird organisches Material unter Luftabschluss bei 180 Grad Celsius unter Zugabe von Katalysatoren und Wasser „verkocht“. Das Ergebnis ist wieder Biokohle, ähnlich jener aus dem Pyrolyse-Verfahren. Gemäß den Potsdamer Forschern liegen die Vorteile auf der Hand: Der Prozess läuft ohne Kohlenstoffverluste ab, funktioniert auch mit feuchten Ausgangsmaterialien und verläuft noch dazu exotherm, es wird also bei der Herstellung Energie in Form von Wärme frei. Neben der Ausbringung auf Ackerböden setzt man in Potsdam besonders darauf, aus der Kohle Treibstoffe und chemische Grundstoffe zu gewinnen.
Bodenkundler der TU Berlin beschäftigen sich indes schon damit, ob Biokohle auch nährstoffarme Böden in Deutschland verbessern kann. „Die Pflanzen entwickeln sich auf Böden mit einem Anteil von fünf Prozent Biokohle besser als auf Vergleichsböden“, zeigt sich Anne Wagner vom Fachgebiet Bodenkunde zufrieden mit den ersten Ergebnissen. Auch sie hält es für möglich, dass Biokohle einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann, allerdings fehlen noch Langzeitversuche im Feld.
Die Perspektive ist klar, doch im Moment fehlen noch wissenschaftliche Grundlagen genauso wie ausgereifte Technologien. Bevor die Biokohle global und großflächig zum Einsatz kommt, sollten alle essentiellen Fragen beantwortet und potentielle Risiken ausgeschlossen sein.
Urlike Rosenfellner
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