Wer sind die Erstnutzer von Elektrofahrzeugen in Deutschland und wie werden die Fahrzeuge genutzt? Welche Einschränkungen bringt die Nutzung eines Elektroautos mit sich? Wo sollte nachgebessert werden? Diese und weitere Fragen hat das deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) anhand einer neuen Studie untersucht. Dazu befragte das DLR über 3100 Nutzer von Elektrofahrzeugen und erstellte anhand dieser Daten ein umfassendes Profil der deutschen eMobility. Das Ergebnis ist überraschend, und räumt auf, mit so manchem Klischee über die deutschen Elektro – Autofahrer.
Nicht alles läuft so, wie es die Bundesregierung gerne hätte – auch nicht in der Elektromobilität. Dort steht seit Jahren eine Zahl im Vordergrund: Eine Millionen. Eine Millionen Elektrofahrzeuge sollen bis zum Jahr 2020 auf den deutschen Straßen unterwegs sein. Dieses selbstgesteckte Ziel der Bundesregierung ist mindestens genauso ambitioniert wie ihr Emissionsziel 2020. Und wahrscheinlich noch schwerer zu erreichen, zumindest nach Meinung der meisten Experten. Erst am Dienstag schrieben die deutschen Medien, das „Eine-Millionen-Ziel“ sei laut des Branchenexperten Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Institut der Universität Duisburg-Essen nur noch Träumerei. „Das Kanzlerwort von einer Million Elektroautos im Jahre 2020 ist definitiv nicht erreichbar“, so Dudenhöffer wörtlich.
Eine Meinung, mit der er nicht allein dasteht. Die deutsche Elektromobilität steht demnach zur Zeit unter einem eher schlechten Stern. Auch viele Fahrzeughersteller schrecken nach wie vor zurück vor den „Steckdosen-Fahrzeugen“. Der Markt sei noch nicht reif für die Elektrofahrzeuge, sagen viele Experten und auch Toyota, immerhin so mutig das erste Serienfahrzeug mit Brennstoffzellen-Antrieb auf den Markt zu bringen (CEP berichtete), glaubt zur Zeit noch nicht an eine große Zukunft für reine batterie-elektrischen Fahrzeuge. Dennoch gibt es hierzulande schon heute Menschen, die sich ein solches Fahrzeug kaufen. Immerhin gut 8500 Neuzulassungen für Elektroautos gab es in Deutschland 2014, zehn Jahre zuvor waren es lediglich 61. Insgesamt sind in Deutschland derzeit rund 20.000 Elektroautos zugelassen.
Doch wer kauft überhaupt solche Fahrzeuge? Und warum? Wie werden sie genutzt? Nur für die kurzen Strecken in der Stadt oder sogar über weitere Strecken? Und wie gehen die Fahrzeughalter mit der vergleichsweise noch immer geringen Reichweite und den langen Ladezeiten um? Diese und andere Fragen hat jetzt das DLR untersucht. Insgesamt wurden dazu 3.111 private und gewerbliche Nutzer eines Elektrofahrzeugs, also Pkw mit rein elektrischem Antrieb (BEV) und sogenannter Plug-in Hybride (PHEV), die neben dem Elektromotor über einen Verbrennungsmotor verfügen, befragt. Das DLR schrieb, die Studie (pdf) sei die bisher umfangreichste Untersuchung der Erstnutzer von Elektrofahrzeugen in Deutschland.
Wer fährt in Deutschland schon heute elektrisch?
Elektrofahrzeuge werden privat vor allem von jungen und „hippen“ Stadtbewohnern gefahren, gewerbliche Nutzer sind meist große Unternehmen oder Konzerne. Ein Klischee, das man immer wieder hört. Doch stimmt das?
Im Gegenteil. Die Befragung hat ergeben, die Nutzer von privaten Elektroautos sind meist männlich, gebildet und verfügen über ein überdurchschnittliches Einkommen. Das Durchschnittsalter beträgt dabei allerdings 51 Jahre, höher als das durchschnittliche Alter von Käufern konventioneller Fahrzeuge. Es sind also weniger die jungen Leute, die sich ein eAuto zulegen. Außerdem lebt die Mehrheit der Elektrofahrzeugnutzer nicht in einem großstädtischen, sondern eher einem kleinstädtischen bis ländlichen Umfeld: Lediglich 22 % der Befragten haben ihren Wohnort in einer größeren Stadt mit mehr als 100.000 Einwohnern; 53 % wohnen in Kleinstädten und Landgemeinden einer Größe von weniger als 20.000 Einwohnern. Fast alle diese Nutzer (80 Prozent) besitzen außerdem einen zweiten PKW. Die Mehrzahl der gewerblichen Nutzer sind kleine Betriebe mit bis zu 49 Beschäftigten und einem vergleichsweise kleinem Fuhrpark. Dies widerlegt die bislang oft geäußerten Erwartung, dass vor allem große Flottenbetreiber die Treiber der Elektromobilität darstellen würden.
Warum kaufen sich die Deutschen ein Elektrofahrzeug?
Sowohl private als auch gewerbliche Nutzer gaben bei der Befragung an, sich aufgrund der innovativen Fahrzeugtechnologie für den Kauf eines Elektrofahrzeugs entschieden zu haben (88 Prozent). 87 Prozent der Befragten erklärten, mit der Nutzung ihres eAutos einen eigenen Beitrag zur Verringerung der Umweltbelastung leisten zu wollen. Neben diesen beiden Hauptmotiven seien die günstigeren Energiekosten pro Kilometer (80 %) und der Fahrspaß durch den Elektroantrieb (77 %) ebenfalls wichtige Motive für die Anschaffung des Fahrzeugs gewesen. Viele Gewerbetreibende gaben außerdem an, aufgrund des positiven Images für den Betrieb ein Elektrofahrzeugs gekauft zu haben.
Welche Art von Elektrofahrzeugen ist in Deutschland unterwegs und wie werden sie genutzt?
In Deutschland sind fast ausschließlich (87 Prozent) rein batterie-elektrische Fahrzeuge (BEV) unterwegs, sowohl privat, als auch gewerblich. Lediglich 13 % der Fahrzeuge sind Plug-in Hybride (PHEV). Die Autoren der Studie geben allerdings zu bedenken, die stichprobenartige Befragung habe neben 22 BEV- lediglich vier PHEV-Modelle beinhaltet, wahrscheinlich aufgrund des wesentlich geringeren Marktangebots.
Überraschend ist, dass laut Studie die meisten Elektrofahrzeuge privater Nutzer im Alltag wie herkömmliche Fahrzeuge genutzt werden. Allerdings fällt die Jahresfahrleistung der Fahrzeug im Vergleich zu konventionellen Neuwagen geringer aus, wahrscheinlich aufgrund der geringeren Reichweite von Elektrofahrzeugen, vergleichen mit konventionellen PKW. Mehr als die Hälfte der privaten Nutzer gab an, aufgrund der eingeschränkten elektrischen Reichweite keine längeren Reisen mit dem Fahrzeug durchführen zu können. Für solche Fahrten wird nach wie vor ein konventionelles Fahrzeug genutzt. Auch die gewerblichen Nutzer bemängeln die Einschränkungen durch die elektrische Reichweite. Zudem sagten 21 % der gewerblichen Nutzer, dass die Nutzung ihres Elektrofahrzeuges durch geringere Zulademöglichkeiten beim Transport von Gütern und Waren begrenzt sei.
Welche Verbesserungen wünschen sich die Fahrzeughalter?
Um die oben genannten Mängel auszugleichen, wären fast alle Nutzer bereit, teils erhebliche Mehrkosten in Kauf zu nehmen. 70 Prozent der Befragten würden dafür sogar zwischen 18 und 23 Euro pro gefahrenen Kilometer mehr zahlen. Nur rund ein Drittel gab an, mit der Reichweite zufrieden zu sein. Viele Nutzer bemängeln außerdem die langen Ladezeiten und würden sich eine verbesserte Schnellladefähigkeit ihres Fahrzeugs wünschen. Auch hier würden sie Mehrkosten akzeptieren.
Wie gehen die Nutzer mit den Einschränkungen um?
Vor allem die Nutzer von BEV erklärten, ihre Touren im Vorfeld genau zu planen. 71 Prozent setzen sich vor Beginn der Fahrt mit der Möglichkeit einer Aufladung im öffentlichen Raum oder am Zielort auseinander. Bei den Fahrern von PHEV berücksichtigen nur 31 Prozent der Befragten diese Möglichkeiten, da der vorhandene Verbrennungsmotor eine solche Planung nicht zwingend notwendig macht.
Wo werden die Fahrzeuge geladen?
Hier ist überraschend, dass für viele Fahrzeughalter offenbar Lademöglichkeiten im öffentlichen Raum nicht wirklich eine große Rolle spielen. Nur rund 20 Prozent der e-Autofahrer nutzen der Befragung zufolge mindestens einmal wöchentlich eine Ladestation in der Öffentlichkeit. Sowohl gewerbliche als auch private Nutzer gaben an, ihre Fahrzeuge hauptsächlich zu Hause oder am Arbeitsplatz zu laden. Die Autoren der Studie schrieben, der Grund für dieses Verhalten seien die sehr langen Ladezeiten, die am besten zu Hause oder am Arbeitsplatz überbrückt werden könnten. Allerdings wünschen sich viele Fahrzeughalter bessere Schnelllademöglichkeiten im (halb) öffentlichen Raum. 58 % der privaten und 68 % der gewerblichen Nutzer bewerteten solche Schnellladepunkte als notwendig. Dabei erwartet die Mehrheit der Nutzer, dass das Elektrofahrzeug serienmäßig über die technischen Voraussetzungen für eine Schnellladung verfügt, nur wenige würden für diese Funktion Mehrkosten von über 1.000 Euro in Kauf nehmen. (17 % der privaten Nutzer und 20 % der gewerblichen Nutzer)
Fazit und Schlussfolgerung
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Auch wenn das Mobilitätsziel der Bundesregierung bis 2020 aller Voraussicht nach verfehlt werden wird, gibt es immer mehr Menschen, gerade in den Kleinstädischen und ländlichen Gegenden, die ein Elektrofahrzeug kaufen. Das sind meist sogenannte Early Adopter (englisch für frühzeitiger Anwender), also Menschen mit einem besonderen Interesse an der neuartigen Technologie. Aber auch Personen mit hohem Umweltbewusstsein oder Gewerbetreibende mit Interesse an einem besonderen Image entscheiden sich für ein Elektroauto. Die Nutzer wären außerdem bereit, für eine größere Reichweite und/oder bessere Lademöglichkeiten weit mehr Geld für das Fahrzeug auszugeben.
Die Autoren der Studie räumen ein, bei der Studie bleibe unklar, wie sich der eMobility- Markt weiter entwickeln wird. Sollten mit den rund 20.000 momentanen e-Fahrzeugnutzern bereit die Gruppe der Early Adopter ausgeschöpft worden sein, könnte es schlecht aussehen mit der künftigen Entwicklung. Dazu müssten die Hersteller neue Anreize bieten, beispielsweise durch größere Reichweiten oder geringere Kaufpreise. So könnte die Käufergruppe entschieden erweitert werden und es irgendwann einmal doch soweit sein, und das Eine-Millionen-Ziel der Bundesregierung erreicht werden.
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