Dem gestern veröffentlichten Welthunger-Index 2015 zufolge ist die Zahl der unterernährten Menschen seit der Jahrtausend-wende um mehr als fünf Prozent gesunken, doch noch immer sei die Lage in jedem vierten Land ernst oder sogar alarmierend. Vor allem bewaffnete Konflikte tragen laut des Reports dazu bei, dass noch immer so viele Menschen hungern müssen.
Erst vor kurzem wurden auf der UN-Vollversammlung in New York die globalen Nachhaltigkeitsziele für 2030 verabschiedet. Dabei steht auch die Bekämpfung des Hungers im Vordergrund. Noch immer haben weltweit rund 795 Millionen Menschen nicht genug zu essen. Bis 2030 soll diese Zahl gegen Null tendieren, so das ambitionierte Ziel der Vereinten Nationen. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg, auch wenn sich ein positiver Trend erkennen lässt.
Zu diesem Ergebnis kommt der Welthunger-Index 2015, der jährlich vom Internationalen Forschungsinstitut für Ernährungs- und Entwicklungspolitik (IFPRI), der Welthungerhilfe und der NGO Concern Worldwide erstellt und veröffentlicht wird. Dem Report zufolge ist die Zahl der weltweit Hunger leidenden Menschen in den ersten 15 Jahren dieses Jahrtausends deutlich gesunken, von 18,5 Prozent im Jahr 2000 auf heute 13,1 Prozent. Dennoch bedeutet dies, dass noch immer mehr als jeder dreizehnte Mensch auf der Welt unterernährt ist.
Vor allem die Entwicklungsländer haben laut dem Bericht deutliche Fortschritte bei der Bekämpfung des Hungers gemacht. Insgesamt sind die Index-Werte zur Hungersituation dort um 27 Prozent gesunken. 17 Länder konnten ihren Hungerwert um mindestens 50 Prozent reduzieren darunter Brasilien, Kirgistan, Peru und Kroatien. In Angola, Äthiopien und Ruanda sei die Hungersituation zwar immer noch kritisch, verglichen mit dem Jahr 2000 habe sich allerdings auch dort viel gebessert.
Zudem würden katastrophale Hungersnöte mit mehr als einer Million Todesopfern der Vergangenheit angehören, schreibt Alex de Waal, Direktor der World Peace Foundation in dem Report. Die Opferzahl der Hungersnöte seit Beginn des 21. Jahrhunderts liege bei knapp 600.000. Das sei nach wie vor zu hoch, aber im Vergleich zu früher eine niedrige Zahl. So seien in fünf (nicht aufeinanderfolgenden) Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts jeweils mehr als 15 Millionen Menschen bei großen Hungersnöten ums Leben gekommen.
Weitere positive Entwicklungen seien, dass die durch Unterernährung ausgelösten Wachstumsverzögerungen bei Kindern von 37,5 auf 28,2 Prozent zurückgingen und die Sterblichkeitsrate bei Kindern unter fünf Jahren von 8,2 auf 4,9 Prozent sank.
„Wir sind heute zuversichtlicher denn je, dass wir den Hunger überwinden können, wenn wir uns nicht auf dem Erreichten ausruhen“, sagte Klaus von Grebmer vom Internationalen Forschungsinstitut für Ernährungs- und Entwicklungspolitik (IFPRI) in Washington DC. „Wir brauchen innovative Ideen, damit sich alle nachhaltig ausreichend und ausgewogen ernähren können.“
Aller positiven Tendenzen zum Trotz seien in 52 der 117 im Welthunger-Index erfassten Länder die Menschen noch immer ernsthaft (44 Länder) oder sogar sehr ernst (Acht Länder) vom Hungerproblem betroffen. Vor allem in Afrika sei die Lage weiterhin schlimm. Besonders leiden müssen die Menschen laut dem Bericht im Tschad, Sambia und der Zentralafrikanischen Republik.
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Nach Ansicht des IFPRI sind die größten Hungertreiber auf der Welt bewaffnete Auseinandersetzungen bzw. Kriege. Weltweit sind schätzungsweise 172 Millionen Menschen von bewaffneten Konflikten betroffen, und in diesen Gebieten müssen die Menschen am häufigsten Hunger leiden, so das Ergebnis. Hilfsorganisationen hätten dort kaum Zugang zu den Betroffenen und eine langfristige Lösung des Hungerproblems sei schwierig.
„Konflikte wie in Syrien, dem Irak oder dem Südsudan sind die größten Hungertreiber“, sagt Bärbel Dieckmann, Präsidentin der Welthungerhilfe. „Mehr als 80 Prozent der Flüchtlinge weltweit bleiben in ihrer Heimat oder den Nachbarländern. Sie leiden am stärksten unter der Gewalt und der aussichtslosen Situation. Unbemerkt von der Weltöffentlichkeit müssen sie täglich um Nahrung, Wasser und medizinische Versorgung kämpfen. Nur wenn es gelingt, die Ursachen der bewaffneten Konflikte wie etwa in Syrien zu beseitigen, werden wir den Hunger langfristig besiegen können.“
Quelle: Welthungerhilfe
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