„Urban Farm, Urban Epicenter“ ist der Titel des neuesten Projekts von Jung Min Nam. Mehrere Auszeichnungen und Preise untermauern die Wichtigkeit des Konzepts. Dabei zeigt der Designer auf eindrucksvolle Art und Weise, dass es möglich ist, die Produktion von Nahrungsmitteln zurück in große Ballungszentren zu holen. Das entlastet nicht nur die Umwelt, sondern schafft auch neue Lebensräume.
Seit Jahrzehnten nimmt die Anzahl der Menschen, die in Großstädten leben, rapide zu. Gleichzeitig verlagern sich landwirtschaftlich genutzte Flächen weiter von den Ballungsräumen weg. Frisches Obst und Gemüse legen immer längere Wege zurück, bis sie beim eigentlichen Endverbraucher ankommen. Die intensive Ausbeutung der knapper werdenden Agrarflächen und die durch den Transport entstehenden Umweltbelastungen sind nur einige Folgeerscheinungen dieser Entwicklung.
Jung Min Nams Projekt ist mehr als ein einfaches Hybridgebäude. Es beinhaltet auch die Schaffung eines neuen Lebenszentrums mitten in der Großstadt. Zugleich schlägt der Designer vor, die infrastrukturelle Rolle von Städten zu überdenken.
Das Gebäude selbst beherbergt einen Geschäftsbereich, Wohnungen und allgemein zugängliche Grünflächen in den oberen Etagen. Auf dem Dach befinden sich ein Dachgarten sowie Vorrichtungen, um zusätzlich Regenwasser zu sammeln. Die Abwässer der oberen Etagen werden in den darunterliegenden Ebenen Schritt für Schritt gereinigt und wiederaufbereitet.
Die unteren Ebenen des Gebäudes werden landwirtschaftlich genutzt. Jung Min Nam setzt dabei auf die Verwendung von Hydrokulturen. Diese benötigen zehn Mal weniger Wasser als herkömmliche Bewässerungssystem. Darüber hinaus betragen die Ernteerträge das Fünf- bis Zwanzigfache verglichen mit üblichen Anbauarten. Das zuvor gereinigte Wasser fließt hier entlang schräg konstruierter Ebenen und bewässert automatisch die Anbauflächen.
Ein ausgeklügeltes System sorgt dafür, dass durch die Auswahl der gepflanzten Gemüsesorten das Sonnenlicht und die Temperatur im Inneren des Gebäudes optimal genutzt werden. Darüber hinaus lassen sich auch der CO2-Gehalt, die Luftfeuchtigkeit und die Raumtemperatur mithilfe des gezüchteten Gemüses beeinflussen. Dies führt dazu, dass der Energieverbrauch für die Belüftung und die Temperaturregelung des Gebäudes deutlich reduziert wird.
Verkaufsflächen für das produzierte Gemüse, Galerien und Begegnungsstätten in den untersten Stockwerken runden das Gesamtkonzept harmonisch ab. Sie schaffen Möglichkeiten zur sozialen Begegnung und zugleich neue Lebensmittelpunkte.
Der Designer ist an zahlreichen Projekten beteiligt. Eines davon, das Soft Haus, wird auf der Internationalen Bauausstellung in Hamburg präsentiert.
Joachim Kern
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