Zugegeben, am wolkenlosen Himmel sehen Flugzeug-Kondensstreifen malerisch schön aus und sorgen für eine verträumte Stimmung irgendwo zwischen Fernweh und Frühlingsgefühlen. Dass die hübschen Flugspuren nicht gerade gut für das Klima sind, war zwar bereits mehrfach im Gespräch, aber laut einer aktuellen Studie verursachen sie erheblich mehr Schäden, als bisher angenommen.
In einem Beitrag für die Zeitschrift Nature Climate Change stellen Ulrike Burkhardt und Bernd Kärcher vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen neue Erkenntnisse zu den Auswirkungen von Kondensstreifen vor und diese sind gelinde gesagt besorgniserregend.
Laut den Atmosphärenforschern trägt die dadurch verursachte Bewölkung sogar stärker zur Erderwärmung bei, als das durch die gesamte Luftfahrt-Industrie ausgestoßene Kohlendioxid.
Die Erkenntnisse resultieren aus den Berechnungen eines vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre neu entwickelten Klimamodells, das es erstmals möglich macht, die tatsächlichen Gesamtauswirkungen von Kondensstreifen zu ermitteln. War es bisher lediglich möglich den Effekt linienförmiger Streifen abzuschätzen, weist das neue Modell erstmals auch die sehr viel größere Auswirkung sogenannter Zirruswolken oder Zirren nach. Dabei handelt es sich um Wolken aus Eispartikeln, die als Folge der Kondensstreifen entstehen und eine sehr viel größere Fläche als die sichtbare Kondens-Linie am Himmel bedecken. Zusätzlich wurden bei der Berechnung die Auswirkungen auf die natürliche Bewölkung mit einbezogen. Diese geht nämlich durch die der Atmosphäre entzogene Feuchtigkeit zurück und kompensiert den negativen Effekt der Zirren um etwa 20 Prozent.
Die Auswirkungen auf das Klima bleiben aber dennoch gewaltig. Konkret verursachen Zirruswolken netto einen Strahlungsantrieb von 31 Milliwatt pro Quadratmeter. Das übertrifft geringfügig den Effekt des ausgestoßenen Kohlendioxids und ist neun Mal (!!) mehr als der Strahlungsantrieb des reinen Kondensstreifens.
Eine Möglichkeit zur Reduzierung dieses Effekts wäre laut den Wissenschaftlern die Entwicklung alternativer Flugzeugantriebs-Systeme, die weniger Wasserdampf und Rußpartikel emittieren. Natürlich müssten dabei aber auch andere potentielle Schadstoffausstöße beachtet werden. Da in trockenen Gebieten weniger oder gar keine Zirruswolken entstehen, könnte auch eine Umstrukturierung der Flugrouten eine Verbesserung bewirken.
Auf jeden Fall ist die neue Studie aber ein weiterer Beweis, dass jede Flugreise eine gehörige Belastung für das Klima darstellt. Wer auf das Gefühl über den Wolken trotz allem nicht verzichten kann oder möchte, dem bleibt die Möglichkeit die entstehende CO2-Belastung durch ein Klimaschutzspende auszugleichen. Ein vielfach ausgezeichneter Klimarechner, den ich vor einiger Zeit bereits hier vorgestellt habe, ist beispielsweise atmosfair. Bei der Berechnung der Klima-Belastung werden die hier vorgestellten Effekte der Zirruswolken aber nicht berücksichtigt.
Matthias Schaffer
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