Eine der vielen Auswirkungen des Klimawandels ist der Anstieg des Meeresspiegels. Wie viel höher die Ozeane irgendwann reichen, ist von vielen Faktoren abhängig und dementsprechend schwer fällt es der Wissenschaft sich auf konkrete Zahlen zu einigen. Wohl auch aus diesem Grund haben die Häfen und Hafenstädte dieser Welt bisher kaum Pläne entwickelt, wie sie mit dem drohenden Wasseranstieg umgehen wollen.
Eine in der Zeitschrift Climatic Change veröffentlichte Umfrage von Wissenschaftlern der kalifornischen Stanford Universität liefert nun Ergebnisse, die diese Unsicherheit belegen. Demnach sind für den Großteil der befragten Hafenbehörden die Folgen des Klimawandels zwar ein durchaus dringliches Thema,
aber konkrete Maßnahmen werden kaum ergriffen. So planen trotz des drohenden Anstiegs des Meerwasserspiegels oder der deutlichen Häufung verheerender Stürme wie Hurrikan Katrina nur sechs Prozent die Errichtung von Hurrikan-Barrieren in den nächsten zehn Jahren. Auch Pläne zur Errichtung von Deichen oder anderen Sturmschutz-Barrieren haben mit weniger als 18 Prozent nur die wenigsten Häfen.
Der Stanford-Absolvent und Haupt-Autor der Umfrage Austin Becker sieht einen der Gründe dafür in der großen Spanne, die Wissenschaftler für den zu erwartenden Anstieg angeben und der daraus resultierenden Unmöglichkeit, die drohende Gefahr zu konkretisieren. So bedarf ein eher moderater Anstieg von etwa 45 Zentimetern bis zum Jahr 2100 natürlich ganz anderer Maßnahmen, als ein gewaltiger Anstieg von 1,80 Metern und auch die anfallenden Kosten variieren immens. Und während von der gemäßigten Variante nur einige Häfen betroffen wären, trifft die katastrophale so gut wie alle.
Laut Co-Autor und Professor für Civil & Environmental Engineering Martin Fischer könnte diese Politik des Abwartens dazu führen, dass in den nächsten Jahrzehnten plötzlich alle Häfen auf einmal reagieren müssen, aber schlicht und einfach nicht genügend Baukapazität für ein derartiges Mammutprojekt zur Verfügung steht.
Gemeinsam mit anderen Stanford-Wissenschaftlern haben die beiden Forscher deshalb ein auf Google Earth basierendes Programm namens „Sebastian“ entwickelt, das die benötigten Schutzmaßnahmen simuliert und dabei entstehende Kosten und benötigte Bauzeit schätzt. Das Programm geht dabei auf die individuellen geologischen und infrastrukturellen Gegebenheiten des jeweiligen Hafen ein und ermöglicht Berechnungen für verschiedene Ausmaße des Meeresspiegel-Anstiegs.
Bleibt die Frage ob die zuständigen Behörden und Hafeneigentümer die Warnungen der Wissenschaftler ernst nehmen und sich zu vorausschauenden Investitionen durchringen können, oder notwendige Maßnahmen weiterhin vor sich her schieben. Wie auch immer die Entscheidung ausfällt, der Meeresspiegel wird weiter ansteigen.
Matthias Schaffer
Quellen:
Hestermann, Donna: „Seaports need a plan for weathering climate change, say Stanford researchers“. In: Stanford Report, 16. Mai 2011.
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