Energie sparen ist nicht gleich Energie sparen. Es kommt darauf an, ob auch wirklich Energie gespart wird oder nicht. Logisch. Aber wenn man sich den Trend des Energiesparens genauer ansieht, dann lässt sich eine bedenkliche Entwicklung feststellen, und zwar schon seit Hunderten von Jahren.
Technische Geräte werden immer energieeffizienter. Gleichzeitig aber werden die Geräte immer größer, und verbrauchen am Ende genau so viel Energie wie die ineffizienten – aber kleineren – Geräte von damals. Nehmen wir zum Beispiel den Fernseher. Die Ausmaße der Bildschirme werden immer größer, so dass viele Menschen inzwischen ein halbes Kino im Wohnzimmer stehen haben.
Warum auch nicht? Es verbraucht ja viel weniger Strom; oder? Seltsam, bei meiner Recherche kann ich noch nicht einmal das bestätigt finden. Stiftung Warentest zeigt, dass große Fernsehher auch sehr viel mehr Strom verbrauchen. Trotz Klima- und Energiekrise kaufen sich aber immer mehr Menschen immer größere und energiefressendere Geräte.
Selbst wenn die Geräte tatsächlich energieeffizienter sind, hilft uns das auch nicht unbedingt weiter. Denn Energieeffizienz alleine reicht nicht aus, um den Energieverbrauch zu senken. Dieses befremdliche Resultat zog Tim Garrett von der Utah Universität in den USA, der kürzlich im Journal Climate Change seine Studie publizierte. Garrett zeigte, dass erhöhte Energieeffizienz und energiesparendes Verhalten nicht Energie spart, sondern im Gegenteil das Wirtschaftswachstum antreibt und dadurch den Energieverbrauch verstärkt. Wenn sich etwas billiger und einfacher herstellen lässt, dann kann man auch mehr davon herstellen.
Interessant ist dabei, dass über Jahrhunderte hinweg der Energieverbrauch sehr konstant mit dem akkumulierten Wirtschaftswachstum zusammenhängt. Kennt man den Energieverbrauch, kann man anhand dieser Konstante das Wirtschaftswachstum vorhersagen, und dies seit Hunderten von Jahren.
Garrett ist kein Ökonom, weswegen seine Berechnungen von Wirtschaftswissenschaftlern auch angezweifelt werden. Er betrachtet die Frage des Energieverbrauchs und des Wirtschaftswachstums als ein rein physikalisches Problem, unsere Gesellschaft ist dabei ein energieverbrauchendes System welches Produkte hervorbringt. Garrett kann daher simplistischere Berechnungen anwenden als Ökonomen es gewohnt sind. Doch überzeugt sein Ansatz gerade in seiner Einfachheit. Und seine Ergebnisse sollten zumindest ernsthaft diskutiert werden.
Denn seine Ergebnisse sind katastrophal: ein Aufhalten einer Klimakatastrophe ist nicht mit weiterem Wirtschaftswachstum vereinbar. Diese Erkenntnis bestärkt die schon lange diskutierte Ansicht, dass Wirtschaftswachstum endlich sein muss (siehe CASSE oder „Die Grenzen des Wachstums“). Ein langfristiger wirtschaftlicher Kollaps wäre, nach Garrett, möglicherweise unsere einzige Rettung vor einer globalen Klimakatastrophe. Der einzig andere und sehr viel angenehmere Weg besteht darin, so schnell wie möglich auf 100 Prozent erneuerbare Energien umzusteigen.
Maiken Winter
Quelle: ScienceDaily
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