Was macht man mit einer Kaffeemaschine, bei der der Einschaltknopf kaputt ist? Mit einem alten Schallplattenspieler, der nicht mehr funktioniert, aber an dem das gesamte Herzblut der eigenen Jugend hängt? Mit der Lieblingsjeans, bei der der Reißverschluss ständig klemmt? Wegwerfen? Denkste! Dafür gibt es in Köln und einigen anderen deutschen Städten das Repair Café. Alexander Speckmann ist Mitbegründer des ersten Repair Cafés in Köln. Das CleanEnergy Project sprach mit dem leidenschaftlichen Tüftler.
Herr Speckmann, was ist ein Repair Café?
Das Repair Café ist eine Veranstaltung, bei der ehrenamtliche Helfer Technik-Laien helfen, ihre defekten Geräte und Haushaltsgegenstände zu reparieren. Wichtig ist dabei, dass jeder unserer Gäste von Anfang bis Ende in die Reparatur involviert ist und bei einer erfolgreichen Reparatur nicht nur ein funktionstüchtiges Gerät mit nach Hause nehmen kann, sondern auch zumindest in Grundzügen versteht, was defekt war und wie es behoben werden konnte. Wir hoffen, dass durch ein besseres Verständnis der Gegenstände, die uns alltäglich umgeben, zukünftig kleinere Reparaturen eigenständig durchgeführt werden können, bei Kaufentscheidungen auf technische Qualität und die Reparierbarkeit geachtet wird und die Überlegung der Reparatur vor der Überlegung des Wegwerfens steht.
Die Idee dieser Cafés stammt aus den Niederlanden. Dort begehren Bürgerbewegungen gegen die Wegwerfmentalität auf. Sie sind Mitgründer des ersten Repair Cafés in Köln. Was waren Ihre Beweggründe?
Die Idee ist durch den Austausch innerhalb unseres Vereins entstanden. Die Dingfabrik Köln betreibt seit September 2010 eine gemeinnützige offene Werkstatt und ist in ihrer Struktur seit Beginn sehr pragmatisch orientiert. Als ein Mitglied durch einen ZDF-Beitrag vom niederländischen Repair Café erfuhr, war sehr schnell klar, dass wir mit wenig Aufwand das Konzept in Köln weiterführen konnten und können. Werkzeuge sind in großer thematischer Breite vorhanden, viele Mitglieder nutzen unsere offenen Bastel-Freitage für eigene Reparaturen und unterstützen sich fachlich gegenseitig dabei. Damit waren die drei wesentlichen Startvoraussetzungen erfüllt: Raum, Werkzeug, Reparateure.
Uns hat es gereizt, die Ideen und Werte der Dingfabrik in die breitere lokale Öffentlichkeit zu tragen und dies mit einem unmittelbaren Mehrwert für die Gäste zu kombinieren. Sie erfahren Hilfe bei der Reparatur ihrer defekten Geräte und Gegenstände, setzen sich mit Technik auseinander und entwickeln dadurch ein größeres Selbstbewusstsein im Umgang mit Technik und erleben die Vorzüge des offenen und hilfsbereiten Umgangs innerhalb unseres Vereins. Und sollten weitere Repair Cafés in Deutschland und weltweit folgen beziehungsweise sich die Idee „lieber reparieren statt wegwerfen“ weiter verbreiten, wird gegebenenfalls auch ein positiver Effekt auf die Müllberge spürbar werden.
Wie wird die Idee von den Kölnern angenommen?
Die Veranstaltung wird von allen Altersklassen gerne in Anspruch genommen. Durch die lokale Presse und das Lokalfernsehen konnten wir insbesondere auch ältere Menschen besser erreichen. Grundsätzlich sind die Reaktionen bislang sehr positiv. In den meisten Fällen konnten wir die mitgebrachten Geräte tatsächlich reparieren, in den anderen Fällen wenigstens die defekten Teile benennen, sodass Ersatzteile beschafft werden konnten, oder die Gäste mit der Gewissheit entlassen, dass ihr Gerät definitiv nicht mehr zu retten ist.
Das Reparaturspektrum ist sehr umfangreich. Von der gerissenen Jeansnaht über das gebrochene Stuhlbein hin zu den zahlreichen Elektrogeräten wie DVD-Playern, HiFi-Versärkern, Küchenwaagen, Laptops, Faxgeräten war sehr vieles dabei. Viele Probleme können wir schon allein durch eine detaillierte Anfrage über unsere Mailadresse [email protected] lösen. Bei der defekten Pad-Kaffeemaschine musste zum Beispiel gar nicht die Pumpe ersetzt werden, wie der Besitzer vermutet hatte. Das Entkalken mit Essig und Zitronensäure war völlig ausreichend. Häufig helfen kurze Recherchen bei Google sehr dabei, Fehlerquellen zu finden und zu beseitigen.
Bisher gibt es in Deutschland nur ein paar Cafés in den Großstädten. Glauben Sie, dass sich diese nachhaltige Bewegung flächendeckend im Bundesgebiet verbreitet?
Wir hoffen es zumindest. Uns erreichen regelmäßig Anfragen von Interessenten, die ebenfalls ein Repair Café eröffnen möchten, die wir gerne beantworten. Die niederländischen Erfinder des Repair Cafés haben mittlerweile sehr umfangreiches Infomaterial in deutscher Sprache erstellt, dass man auf http://www.repaircafe.de anfordern kann. Darin ist auch ausführlich beschrieben, was man für den Start benötigt. Wir hoffen, dass sich weitere passionierte Reparateure und enthusiastische Organisatoren finden und die Idee weitertragen.
Herr Speckmann, danke für das Gespräch.
Florian Simon Eiler
Gute Sache!