Wie sang noch vor ein paar Jahren der Hamburger Hip-Hopper Jan Delay: „Dennis mag kein Tofu, denn das ist vergiftet. Und Matt mag keine Buffalos, denn die sind vergiftet.“ Damals hörte sich das irgendwie ironisch an.
Doch es stimmt wirklich. Jedenfalls wenn man die Welt zu Gesicht bekommt, die der österreichische Regisseur Werner Boote dem Zuschauer in seinem Dokumentarfilm „Plastic Planet“ (Kinostart: 25. Februar) zeigt.
Wer erinnert sich nicht an die Tupperware-Parties unserer Eltern, an Quietscheente und Trockenhaube? Wir sind eben alle Kinder des Plastikzeitalters.
Die Menge an Kunststoffen, die wir in den letzten 100 Jahren produziert haben, reicht aus, um unseren gesamten Erdball sechs Mal in Plastikfolie einzupacken. Der Film zeigt dem Zuschauer eine Welt, die ohne Plastik nicht mehr existieren kann, aber gleichzeitig mit den Problemen und Risiken dieser Kunststoffe zu kämpfen hat.
Weltweit werden pro Jahr bis zu 240 Millionen Tonnen Plastik produziert, davon landen 6,4 Millionen Tonnen in den Ozeanen. Bis zu 18.000 Plastikteile schwimmen inzwischen auf jedem Quadratkilometer Meeresoberfläche. Wale, Delfine und Schildkröten verletzen sich an Müll und ertrinken qualvoll. Auch in der Nord- und Ostsee gefährdet Plastik die Tierwelt. Seevögel und Fische verhungern mit den Mägen voller Plastik.
Der Film stellt uns ausführlich alle gefährlichen Stoffe vor, die in Plastik enthalten sind: Phthalate, sogenannte Weichmacher, wie sie in PVC, Textilien, Kosmetik- und Arzneimitteln vorkommen. Bisphenol A, Ausgangsstoff für den Kunststoff Polycarbonat, der zur Herstellung von CDs, Babyfläschchen oder Lacken für die Beschichtung von Konservendosen und Folienverpackungen verwendet wird. Und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), die überwiegend bei der Verbrennung fossiler Energieträger mit den Abgasen in die Luft gelangen.
Sie haben gefährliche Folgen, auch für den Menschen. Einige dieser Stoffe wirken wie Hormone und rufen Unfruchtbarkeit, Übergewicht und Diabetes hervor. Andere stören nicht nur die Sexual-, sondern auch die Gehirnentwicklung oder sind nachweislich krebserzeugend.
Nicht alle sind im Kunststoff chemisch gebunden und können daher daraus entweichen. Aufgenommen werden sie über in Plastik verpackte Nahrung, über Konsumprodukte aller Art, die Plastik enthalten, die Innenraumluft, den Hausstaub oder den Kontakt mit Spielzeugen. „Wenn Sie diesen Film gesehen haben, werden Sie nie wieder aus einer Plastikflasche trinken!“, so ist auf der Internetseite dieses Ökothrillers zu lesen.
Doch es gibt auch Alternativen, auf die der Film hinweist. Atmungsaktive Frischhaltebeutel und Flaschen aus natürlichem Kunststoff, der auf Basis nachwachsender Pflanzen hergestellt wurde und zu 100Prozent biologisch abbaubar ist. Oder Schwimmkissen aus Baumwolle, die auch Salz-, Chlor- und Thermalwasser abkönnen.
Die Quintessenz des Films ist leider eher deprimierend: Auch wenn wir jetzt anfangen, nur noch Bio-Plastik herzustellen, wird es 500 Jahre dauern, bis unsere Welt wieder plastikfrei sein wird. Eine Aufgabe also, die noch viele Generationen nach uns beschäftigen wird.
Daniel Seemann
Gratulation, dass doch immerhin ein viertel Jahr nachdem der Film ins Kino kam, hier auch schon ein Bericht dazu erscheint.
Der Film hat zwar für Aufruhr in der Plastikbrache gesorgt, man könnte ja Geld verlieren. Doch Geld regiert und der Bürger ist immer noch nicht verantwortungsbewusst genug etwas zu ändern.
Nur eins ist dabei ja doch immer wieder beruhigend, egal ob Plastikmüll, Atomkraft, Umweltverschmutzung oder Klimawandel, das Leben wird nur für den Menschen nicht mehr lebenswert. Die Erde schaut zu und lacht.
Ich hatte schon mal einen Kommentar hinterlassen, der entweder nicht veröffentlicht wurde oder verloren gegangen ist.
Dieser Artikel ist ziemlich verzerrend. Es ist nicht die Industrie (allein) schuld. Es ist der Verbraucher, der acht-und sorglos entsorgt! Wer ist schuld an einem Autounfall? Die Automobilindustrie oder der Fahrer?
M
Ich stimme Dr. Schiller uneingeschränkt zu. Jeder einzelne ist verantwortlich. Und ich weiß, es ist unendlich schwierig, in jedem Laden nach der Glasflasche zu fragen, wenn dort nur noch Plastikflaschen stehen. Man könnte ja schief angesehen werden. Und es geht ja in alle Lebensbereiche hinein. Sehr viele Produkte sind aus Erdöl, kaum noch wegzudenken, selbst unnötigste Produkte. Auf den eigenen Konsum hat jeder selbst Einfluß. Und der muß reduziert werden, nicht nur, weil die Förderung des Erdöls immer schwieriger und teurer wird.
JVG
Über Plastiktüte und Co wird in erster Linie vom Verbraucher bestimmt! Damit ist Plastik in unserer Gesellschaft ein gewolltes „Übel“. So wie wir sorglos Strom aus der Steckdose entnehmen oder sorglos Wasser in der Plastikflasche kaufen.
Alleine in diesen Beispielen wird es bei uns deutlich, dass wir Verbraucher es in der Hand haben.
– Vermeidung des Plastikverbrauches
– Wasser selbst zapfen
– Strom aus regenerativer Energie
Wenn jeder diese drei „Verbesserungen“ mündig vertritt und angeht … es wird unser Leben nachhaltig verändern.
Ich tue es!
Viel Erfolg bei der Entscheidung – für unsere Umwelt
JHU
Ich kann Herrn Dr. Schiller leider nicht ganz zustimmen.
Ich habe an dem Film mitgearbeitet (gebe hier aber ausdrücklich MEINE Meinung zum besten) und es geht im Film (wie letztlich auch im Text) doch primär darum, das die Industrie nicht nur einerseits die Kunststoffe herstellt (die als Müll in die Umwelt gelangen), sondern vor allen Dingen viele Zusatzstoffe und deren Gefahrenpotential schlichtweg verschweigt. Kunststoffe werden nach der aktuellen Gesetzeslage in den Verbraucherländern “gemixt”.
Der besagte “Verbraucher” wurde von der Industrie nicht informiert. Und wenn nur, wenn sie dazu gezwungen wird. Ganz im Gegenteil, die Industrie Lobby bekämpft Aufklärung wenn sie kann!
Wo ist den bitte die Babyflasche mit dem Aufdruck “Achtung! Enthält hormonähnliches Bisphenol-A und kann bie Gebrauch zur Unfruchtbarkeit und anderen Schädigungen in der Entwicklung führen”.
Man stelle sich Plastikprodukte mit den Trauerrähmchen der Zigarettenpackungen vor… DAS wäre wenigsten ehrlich.
Der Film hatte allerdings massive Wirkung. Sie finden seit kurz vor Erscheinen des Films im deutschsprachigen Raum drastisch weniger Babyartikel mit Bisphenol-A. Oft wird es als “Werbeauszeichnung” inzwischen sogar aufgedruckt “Bisphenol-A free”. Der BUND hat die Gelegenheit genutzt, massive Aufklärungskampagnen zu starten und die Resonanz in den Medien spricht Bände.
Größte Handelsketten wie DM und andere haben massiv und zeitnah reagiert. Das ist Lobenswert. Ich unterstelle, auch diese Unternehmen wußten nicht immer, was da verkauft wurde. Man hat es natürlich nicht immer an die große Glocke gehängt, aber man ist sich wenigstens dort einer Verantwortung bewußt. Kurzfristiger Profit ist eben nicht alles, wenn man langfristig auch Kunden haben will.
Das hat alles was mit Nachhaltigkeit zu tun. Und die kann der Verbraucher zum Glück nicht erst bei der ENTsorgung, sondern besser gleich bei der BEsorgung der Produkte walten lassen. Produkte, die von Firmen mit schlechter Nachhaltigkeit stammen, sollte man meiden. DAS ist der beste Weg.
Und natürlich sollten nachhaltig wirtschaftende Verbraucher ihren Müll nicht verklappen, sondern gezielt und korrekt entsorgen – soweit man das als Verbraucher eben kann. Das stimme ich klar zu.
Das wichtigste dabei ist die Aufklärung. Und da hat eine ganze Industrielle Lobby selten Interesse dran. DAS ist das Problem.
Inzwischen haben wir eine Welt, in der es zumindest Gehör gibt für Firmen, die bessere nachhaltigere Produkte machen. Wir sollten das als Verbraucher honorieren. Wenns genügend kaufen, gehts meistens doch genauso billig wie beim Ramschladen.
Sie scheinen das Problem wohl nur aus dem Blickwinkel der Umweltverschmutzung zu sehen. Das allein ist längst zu einseitig. Aber die Umweltverschmutzung verschlimmert das Problem, da die Stoffe so wieder in die Nahrungskette gelangen. Völlig unkontrollierbar.
Und es ist leider nicht das Erdöl, was hier die größten Probleme bereitet, sondern viel mehr was dem ganzen beigemischt wird. Insofern löst die versiegende Ölquelle das Problem nur bedingt. Irgendwann ist das Öl vielleicht so knapp, das man wieder Plastik aus dem Meer fischen wird… Es könnte sich irgendwann rechnen.
Schauen Sie sich bitte erst den Film an und urteilen sie dann.
Ein Blick auf z.B. die aktuelle Diskussion um die Energiesparlampen offenbart die gleichen Mechanismen. Quecksilberhaltige Lampen in Kinderzimmer zu bringen unter dem Deckmantel von Fortschritt kann nicht ernsthaft im Interesse nachhaltigen Wirtschaftens liegen. Quecksilber wird demnächst verboten, wie Blei. Nur für Lampen soll es Ausnahmegenehmigungen geben. So ein Schwachsinn. So ist die Welt leider allzu oft. Und ein großer Teil landet dann leider im Müll… Faustregel: Wer keine Quecksilberhaltigen Energiesparlampen kauft, kann auch keine auf den Müll werfen.
Es bleibt die Hoffnung das auch in der Industrie Menschen sind, die das erkennen und dazu lernen.
Axel
@ Axel
Für mich ein enorm interessantes Thema steckt in ihrem Schlusssatz: «Es bleibt die Hoffnung das auch in der Industrie Menschen sind, die das erkennen und dazu lernen.»
Woher kommt es, dass «gute» Menschen, sobald Sie einen sogenannt «verantwortungsvollen» Job übernehmen nicht mehr «richtig» handeln, sondern nur noch für das Kapital agieren? «Menschen», «Umwelt», «Zukunft»: All diese Begriffe haben mit dem Aufstieg in die Chefetage keine Bedeutung mehr.
Ich hoffe, dass die Zeit kommt, wo «Manager» sich von diesen Fesseln befreien, Mensch bleiben können und sich zum Wohle des Lebendigen, des Menschen einsetzen.
Vielleicht brauch es eben nicht nur in von Diktatoren geführten Ländern eine Befreiung des Volkes, sondern in manchen Unternehmen auch eine Handlung der WerkerInnen.
Gruss Daniel