Der Senegal hat ein gravierendes Energieversorgungsproblem. Eine stabile Stromversorgung gibt es nicht. Deshalb ist geplant, fünf neue Kohlekraftwerke in Betrieb zu nehmen, um auf die Lücken im Netz zu reagieren. Den Bewohnern des westafrikanischen Landes gefällt das überhaupt nicht, denn die gravierenden Folgen des Klimawandels sind bei ihnen längst angekommen.
Trotz der vielversprechenden Ergebnisse der letzten Klimakonferenz und der Zusage des Senegal, mit dem Jahr 2018 bis zu 30 Prozent seiner Energieversorgung aus Erneuerbaren Energien zu speisen, sollen ganze fünf neue Kohlekraftwerke gebaut werden. Der Grund ist die extrem schlechte Energiesicherheit. In der Hauptstadt Dakar kommt es täglich bis zu vier Mal vor, dass es für mehrere Stunden keinen Strom gibt. Das Netz ist so instabil, dass elektrische Geräte und Maschinen wegen der starken Schwankungen von Spannung und Frequenz erheblichen Schaden nehmen können. Das ist nicht nur im Alltag ärgerlich, vor allem ist es ein Hindernis für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes.
Eines der geplanten Kraftwerke soll in Bargny stehen, einer Siedlung mit 40.000 Einwohnern, knapp 15 Kilometer östlichen von Dakar. Doch die lokale Bevölkerung hat etwas dagegen, sie hat die Folgen des Klimawandels bereits zu spüren bekommen und leistet jetzt erheblichen Widerstand gegen das Projekt.
Das senegalesische Klima charakterisiert sich aus einem ausgeprägten Wechsel zwischen Trocken- und Regenzeit, der durch den westafrikanischen Monsun im Sommer und den trockenen Nord-Ost-Passat in den Wintermonaten hervorgerufen wird. Der jährliche Wechsel zwischen starker Hitze und Trockenheit zu monsunartigen Niederschlägen macht den Senegal extrem anfällig für die Bedrohungen der globalen Erwärmung. Nicht nur die immer extremeren jahreszeitlichen Schwankungen machen der Bevölkerung zu schaffen, vor allem die Küstenerosion und die Erhöhung des Meeresspiegels bedrohen die Existenz zahlloser Menschen. Setzt sich der aktuelle Trend fort werden nach Schätzungen der Weltbank bis 2080 ganze zwei Drittel der senegalesischen Küstenregionen verschwunden sein. 60 Prozent der Senegalesen wohnen in unmittelbarer Küstennähe, 68 Prozent des Bruttoinlandsprodukts werden hier erwirtschaftet.
Bargny ist eine der Regionen des Senegal, die am schlimmsten von der Küstenerosion betroffen ist. Die Menschen versuchen sich mit Mauern aus Zement oder einfachen Sandsäcken vor den immer weiter ins Landesinnere vordringenden Wassermassen zu schützen. Der Erfolg ist überschaubar. Dutzende Häuser sind dem Meer in den letzten Jahren zum Opfer gefallen. Die ehemaligen Besitzer stehen vor dem Ruin, die Regierung ist kaum in der Lage ihnen zu helfen.
Deshalb sind mittlerweile nicht nur die unmittelbaren Folgen, sondern vor allem auch die Ursachen des Klimawandels tief im Verständnis der Senegalesen angekommen. Besonders die Verantwortlichkeit der Regierung wird in der medialen Berichterstattung eng mit den nationalen Umweltproblemen verknüpft. Ganz besonders in Bargny, wo nun in direkter Nähe genau des Gebiets, in dem die Regierung für die von der Küstenerosion betroffenen Familien neue Grundstücke vorgesehen hatte, das neue Kraftwerk gebaut werden soll. Die Bewohner fühlen sich betrogen und klagen bereits bei der OECD.
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Die Verteidiger des geplanten Kraftwerks weisen auf die massiven Energieprobleme sowie mangelhafte Alternativen hin. Die Energieversorgung des Senegal beruht fast ausschließlich auf Erdöl. Die Ölpreise sind alles andere als stabil und die Regierung bemüht sich um mehr Energiesicherheit – ein essenzieller Schritt für eine verbesserte wirtschaftliche Entwicklung. Dabei besitzt das westafrikanische Land großes Potenzial für Erneuerbare Energien, insbesondere Photovoltaik. Dem wird wiederum entgegengehalten, der Ausbau Erneuerbarer Energien in ausreichendem Maße sei zu teuer und könne erst in einem zweiten Schritt geschehen, nachdem Energiesicherheit und somit auch die Entwicklung gesichert wären. Europa habe sich schließlich auch erst auf den Grundlagen fossiler Energieträger entwickelt. Außerdem gebe es im Senegal zwar gut ausgebildete Ingenieure, diese wären jedoch hauptsächlich auf fossile Brennstoffe und nicht im Bereich Erneuerbarer Energien spezialisiert.
Das Festhalten an den Kohlekraftwerken trotz des Widerstandes in der Bevölkerung bringt den Senegal in ein klimapolitisches Dilemma. Je länger der Plan mit der Kohle fortbesteht und je länger der Bau der neuen Kraftwerke am Widerstand der Bevölkerung scheitert bzw. verzögert wird, umso mehr Zeit sowie Ressourcen gehen verloren, die für die Entwicklung der Erneuerbaren Energien genutzt werden könnten. Und je mehr Zeit verloren geht, desto weiter entfernt man sich von den Zielen, die erst im Dezember in Paris so euphorisch gefeiert wurden.
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