Am Donnerstag startete die Europäische Kommission die erste Phase der Modernisierung und Vereinfachung der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP). Den Anfang macht eine öffentliche Umfrage in allen Mitgliedsstaaten, an der jedermann teilnehmen kann. Sie läuft bis zum 2. Mai und die eingegangenen Beiträge sollen dazu genutzt werden, in künftigen Reformen bessere Prioritäten festzulegen. Es soll auch bestimmt werden, wie die 60 Milliarden Euro Agrarsubventionen nachhaltig und gerecht verteilt werden – immerhin etwa 40 Prozent des EU-Haushaltes.
Nicht nur Bauern sind dazu aufgerufen im Rahmen der EU-Umfrage aktiv Vorschläge zur Neuausrichtung der Landwirtschaftspolitik bis 2020 einzureichen. Über den Fragebogen wird jeder EU-Bürger zur Teilnahme angehalten. Er wird über zwölf Wochen Landwirten, Verbänden, Organisationen und allen Interessierten die Möglichkeit geben, sich am öffentlichen Diskurs zu beteiligen. Da durch die Landwirtschaft seit jeher besonders die Umwelt betroffen ist, rufen Naturschutzorganisationen aus ganz Europa bereits dazu auf, diese Möglichkeit in hohem Maße zu nutzen.
Die Ergebnisse werden im Internet veröffentlicht und im Juli 2017 durch EU-Agrarkommissar Phil Hogan vorgestellt. Bis Ende 2017 wird die Kommission eine Mitteilung erarbeiten, in die Schlussfolgerungen sowie mögliche politische Alternativen für die Zukunft eingehen werden.
Besonderes Augenmerk ist auf Umweltschutz und ökologische Nachhaltigkeit zu legen. Viele Umweltschützer fordern einen grundlegenden Kurswechsel der Agrar- und Ernährungspolitik.

Bild: BMUB
Der Naturschutzbund NABU begrüßt, dass die Debatte um die Zukunft der europäischen Landwirtschaft in die Öffentlichkeit getragen und nicht hinter verschlossenen Türen beschlossen wird. NABU-Präsident Olaf Tschimpke fordert allerdings einen klaren Paradigmenwechsel, vor allem was die Verteilung von EU-Geldern angeht: „Wir fordern einen grundlegenden Kurswechsel in der Agrar- und Ernährungspolitik. Das derzeitige System verteilt Gelder schlicht nach Flächengröße eines Betriebes und nicht nach konkreten Naturschutz- oder Tierwohlleistungen. Das hat katastrophale Folgen: Die Landwirtschaft wird immer intensiver, Arten sterben uns unter den Händen weg und unser Grundwasser ist stellenweise massiv mit Nitrat belastet. Wir brauchen ein neues Förderprinzip: Eines, das öffentliche Gelder an konkreten Leistungen der Landwirte koppelt, vor allem im Umwelt- und Naturschutz“.
Eine unlängst in Auftrag gegebene repräsentative Studie des Meinungsforschungsinstitutes forsa zeigt, dass zumindest in der Bundesrepublik die Mehrheit ähnlich denkt. 78 Prozent der Befragten sprachen sich dafür aus, dass Landwirte Subventionen bloß in einer Höhe erhalten sollten, die dem jeweiligen Beitrag für die Gesellschaft angemessen ist. Gelder müssen an jene Landwirte verteilt werden, die konkrete Maßnahmen für Natur- und Umweltschutz umsetzen.
„Die Frage, wie gesund und nachhaltig unsere Lebensmittel produziert werden, geht uns alle an. Die schädlichen Auswirkungen der intensiven Landwirtschaft wurden viel zu lange ignoriert. Jetzt besteht die Chance, eine neue und zukunftsorientierte Landwirtschafts- und Ernährungspolitik aufzubauen, die von der gesamten Gesellschaft getragen wird. Sie könnte weltweit zum Vorbild werden. Diese Chance muss die EU nutzen“, so Olaf Tschimpke weiter.
Bis Mai sollte jeder interessierte EU-Bürger seinen Beitrag leisten hin zu einer nachhaltigen und umweltfreundlicheren Landwirtschaft in ganz Europa. Die Gemeinsame Agrarpolitik muss dafür vereinfacht und modernisiert werden. Eine öffentliche Debatte ist dazu nur ein erster Schritt.
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