Schon lange wussten Fachkreise, dass Spanien’s Wind- und Solarenergie eine große Zukunft bevorstünde. Doch wenigen Deutschen ist bewusst, wie schwungvoll das Geschäft mit erneuerbaren Energien in Spanien bereits blüht. Der Diplomingenieur und Architekt Frank Zitzelsberger ist Geschäftsführer der Desarrollos Solares del Mediterraneo S.L., einem Beratungsunternehmen (Projektentwicklung- und Steuerung) für erneuerbare Energien in Südspanien und einem der etabliertesten in diesem Sektor. Seit mehr als zehn Jahren entwickelt Herr Zitzelsberger Projekte und hilft bei der Planung und Konstruktion von Windkraft und Photovoltaikanlagen – von Markt- und Machbarkeitsstudien bis hin zur Ausführung kompletter Projekte.
Herr Zitzelsberger, wie kommt ein deutscher Ingenieur dazu, Energieberatung in Südspanien anzubieten?
Mein Engagement in der Branche für erneuerbare Energien fing vor 8 Jahren an. Damals war ich als Gutachter in Spanien tätig und habe Windkraftanlagen für deutsche Investoren geprüft. Irgendwann habe ich mir gesagt, solche Anlagen kann ich auch selbst planen. Ich habe mit einem kleinen Entwicklungsbüro angefangen, welches sich in den letzten Jahren zu einem mittelgroßen Projektentwickler und Steuerer entwickelt hat. Mittlerweile bieten wir die gesamte Palette in diesem Sektor an, angefangen von juristischer Beratung durch hauseigene Juristen bis hin zur Komplettentwicklung jeglicher Einergiegewinnungsarten in der Erneuerbaren Energie. Wir beschäftigen 15 Mitarbeiter.
Warum hören wir hier in der deutschen Presse so wenig über Spanien’s grünen Energie-Boom?
Spanien wird ständig in seiner Wirtschaftsleistung unterschätzt. Das hängt damit zusammen, dass Spanien aus deutscher Sicht unglaublich chaotisch ist. Ständig ändern sich Gesetze und Vorschriften. Spanien ist extrem verwaltungslastig, viel stärker als in Deutschland. Das hört sich seltsam an ist aber definitiv so. Hier steht man sich sehr oft selbst im Weg. Trotzdem wird das Land einer der größten Energiemärkte von Europa werden.
Was treibt dieses Wachstum an?
Das Wind- und Sonnenkraftpotential ist hier riesig, das ist ja bekannt. Dazu kommt, dass Spanien keine eigenen Resourcen hat, kein Öl, Gas, und keine Kohle, und das bei einer Wirtschaft die stark wächst. Der Energiebedarf in Spanien ist gewaltig, in den letzten Jahren ist er in zweistelligen Prozentzahlen gewachsen. Gleichzeitig wurde das Kiotoprotokoll gezeichnet. Das sind Idealvoraussetzungen für einen noch jahrelang boomenden Markt für Erneuerbare Energien.
Spanien hat lange gebraucht, bis es sich für die Erneuerbaren Energien erwärmt hat. Dabei gibt es hier vielmehr Sonne und Wind als in anderen europäischen Ländern. Warum der lange Schneewittchenschlaf?
Einer der Gründe ist die bereits erwähnte komplexe Verwaltungsstruktur in Spanien. Das lähmt extrem. Auf der anderen Seite musste das „Bewusstsein“ erst einmal geschaffen werden, dass der Strom nicht einfach nur aus der Steckdose kommt. Man muss bedenken, das es die „grüne Bewegung“ , welche in Deutschland das Thema Erneuerbare Energien vor mehr als zwei Jahrzenten angeschoben hat, im Spanien im Grunde nicht extisitiert. Hier ist die Eneuerbare Energie vor allem ein Business und nicht politisch motiviert. Um zum Business zu werden musste aber erst administrative Weichen gestellt werden, und das dauert in Spanien ein wenig.
In Deutschland wurde kürzlich die E10-Vorgabe für Biosprit gestoppt. Aktuell ist die Solarenergiebranche in der Kritik, man hört von Subventionsvorwürfen und Jobflucht ins Ausland.
Das scheint ein deutsches Phänomen zu sein: Die besten Entwicklungen hervorzubringen und sich dann gnadenlos selbst zu zerfleischen. Das mutet sehr eigenartig an, vor allem wenn man als Deutscher im Ausland lebt. Das versteht außerhalb von Deutschland niemand. Man ist stolz auf das, was man entwicklet hat, und trägt das auch so nach außen. Die Deutschen sollten bei diesen Entwicklungen den Weltmarkt im Auge haben, denn nur das, was wirklich im eigenen Land erprobt ist, lässt sich international gut vermarkten. Da ist enormer Lernbedarf zu sehen, denn im Erneuerbaren Energiesektor ist Deutschland kaum zu schlagen. Aber wir müssen aufpassen, nicht nur als Erfinder aufzutreten, sondern müssen die ganze Wertschöpfungkette mitnehmen. Sonst macht das Geschäft ein anderer.
Birte Pampel
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