Altmaiers Herbst der Entscheidung

Peter Altmaier

Bundesumweltminister Altmaier hat ein Zehn-Punkte Programm für die restliche Legislaturperiode vorgestellt und hat damit weniger als ein Jahr Zeit, Erfolge vorzuweisen. Er strukturiert sein Haus neu, schafft Unterabteilungen eigens für die Energiewende und den Klimaschutz und will konsensorientiert die Bevölkerung stärker einbinden. Damit setzt er neue Akzente, konkrete Maßnahmen leider kaum – er wird noch Gelegenheit dazu erhalten.

Der Bundesumweltminister betont vor allem seine Dialogbereitschaft, um zu einem breiten Konsens zu gelangen. Dies ist vom Prinzip her ein guter Ansatz erfolgreich Politik zu gestalten, solange die eigene Position erkennbar bleibt und am Ende der Verhandlungen entsprechend Handlungsstärke steht – dies muss Altmaier noch beweisen. Gelegenheiten hierzu werden sich ihm schon bald einige bieten: Im Herbst wird die Höhe der Ökostromumlage bekanntgegeben, im September soll ein Fahrplan zur Reform des viel diskutierten EEG (Erneuerbaren-Energien-Gesetz) ausgearbeitet werden, bis zum Jahresende soll eine Einigung bei der Endlagersuche erzielt und bald eine bundesweit einheitliche Wertstofftonne eingeführt werden.

An eines lässt der Bundesumweltminister keinen Zweifel: „Sie [die Energiewende] ist irreversibel“. Es ist wichtig, dass der Minister dies betont, um Verlässlichkeit und Investitionsanreize zu schaffen. Doch an konkreter Umsetzung mangelt es auch nach dem vorgelegten Zehn-Punkte-Plan. So beschäftigt die Politik die Frage der „sozialen Verwerfungen“ durch steigende Energiekosten. Längerfristig sollen steigende Preise durch eine Reform des EEG eingedämmt werden, kurz- und mittelfristig will der Bundesumweltminister dem Problem mit Energieeinsparungen entgegentreten. Damit erteilt er Forderungen der Koalitionspartner CSU und FDP nach Steuererleichterungen im Strompreis eine klare Absage. In der Tat mag eine „Strompreisbremse“ wie sie Bayerns Wirtschaftsminister Zeil (FDP) fordert, für den bevorstehenden bayrischen Wahlkampf auf den ersten Blick populär sein, mit vernünftiger Wirtschaftspolitik hat das freilich wenig zu tun.

Altmaier erkennt zu Recht die Notwendigkeit zur Energieeinsparungen – dies ist Umwelt- und Wirtschaftspolitisch sinnvoll. Er beziffert das Potenzial zur Energieeinsparung auf etwa 30 Prozent und will vor allem für einkommensschwache Haushalte eine kostenlose Energieberatung anbieten. Hierin wird unter anderem zur Anschaffung energiesparender Haushaltsgeräte oder zur Gebäudedämmung geraten. Doch wie sollen sich ausgerechnet Haushalte mit geringem Einkommen diese, bis zu mehreren Tausend Euro kostenden Investitionen leisten? Langfristig lohnen diese Anschaffungen zwar, doch mangelt es an Investitionskapital – da kann auch eine exzellente Energieberatung nichts ändern. Einer Antwort bleibt der Bundesumweltminister der Öffentlichkeit schuldig. Neue, kreative Wege beispielsweise in Form von staatlichen Investitionshilfen könnten hierbei Lösungen aufzeigen.

Sicher ist, dass die Strompreise steigen werden und die soziale Komponente der Energiewende nicht vergessen werden darf. Altmaier versäumt es bei keiner Gelegenheit, die gesamtgesellschaftlichen Anstrengungen zu betonen. Zur Ehrlichkeit würde dann aber auch gehören, der Bevölkerung zu erklären, warum der ‚normale‘ Stromkunde in seine Energieeinsparungen investieren soll, die stromintensive Industrie allerdings möglichst geschont werden müsse.

Ach ja, war da nicht auch noch eine globale Erwärmung, deren Bekämpfung sich die Weltgemeinschaft auf die Fahnen gesetzt hat (gehisst sind diese allerdings noch nicht)? Der Bundesumweltminister will die EU-Klimaziele ambitionierter gestalten und 30 Prozent, anstatt der bisherigen 20 Prozent, CO2-Einsparung bis 2020 zur Verhandlungsposition der EU beim kommenden Gipfel in Doha im Dezember erklären. Damit unterstreicht er Deutschlands Rolle beim Klimaschutz; eine konkrete Verhandlungsstrategie, um unsere EU-Partner zu überzeugen, hat er jedoch nicht vorgelegt. Als alter Politik-Fuchs muss er wissen, dass Widerstand innerhalb der EU zum Beispiel von Polen nur durch geschickte Verhandlungen mit EU-Gleichgesinnten und der EU-Kommissarin für Klimaschutz, Hedegaard, überwunden werden kann. In wenigen Monaten wird sich zeigen, wie ernst gemeint sein Zehn-Punkte Programm wirklich ist – die Öffentlichkeit wird ihn daran messen.

Javier Francisco

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