Mindestens 22 Milliarden Euro – so hoch sind die zusammengerechneten gesundheitlichen Schäden durch Emissionen aller in der EU betriebenen Kohlekraftwerke im Jahr 2016. Dies ergab eine gemeinsame Untersuchung von Sandbag, Greenpeace, Europe Beyond Coal, European Environmental Bureau und dem Climate Action Network. Die Ergebnisse ihrer Studie veröffentlichten die NGOs im „Last Gasp“-Report.
Der Report basiert auf den jüngsten Emissions- und Wetterdaten. Aus diesen wurden im Rahmen der Untersuchung die Gesundheitsschäden durch Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid und Feinstaub geschlossen. Das Ergebnis: eine Megawattstunde Kohlestrom der zehn größten Kohleunternehmen verursacht durchschnittlich Gesundheitskosten in Höhe von 56 Euro – etwa genauso viel, wie die gleiche Menge Strom im Großhandel kosten würde.
Auf diese zehn Energiekonzerne entfallen so gut zwei Drittel der Gesamtkosten. Dazu gehören auch die drei deutschen Unternehmen RWE, Uniper und Steag, sowie der tschechische Betreiber der Lausitzer Braunkohlekraftwerke EPH. Dazu meint Greenpeace-Sprecher Christoph Lieven: „RWE und andere Kohlekonzerne handeln doppelt rücksichtslos. Während ihre Kraftwerke mit Klimazerstörung Geld verdienen, lassen sie die Bevölkerung für Asthmafälle, Herzinfarkte und Diabeteserkrankungen zahlen. Die Bundesregierung kann mit einem raschen Kohleausstieg Gesundheit und Klima schützen.“
NGOs fordern schnellen Kohleausstieg
Die Studie berücksichtigt nicht die Auswirkungen von Schadstoffen wie Quecksilber, Cadmium oder Blei, die ebenfalls bei der Verbrennung von Kohle entstehen. Entsprechend ist davon auszugehen, dass die realen Gesundheitskosten durch Kohlekraftwerke weit höher liegen.
„Ein schneller Kohleausstieg birgt Vorteile für Gesundheit und Umwelt“, sagt Dieter Lehmkuhl, von der Deutschen Allianz für Klimawandel und Gesundheit, der den Report wissenschaftlich begutachtet hat. „Die Lebenserwartung steigt, die Luftqualität verbessert sich und die Gesundheitsrisiken durch Klimafolgen sinken. Klimaschutz ist Gesundheitsschutz.“
Angesichts dieser Studienergebnisse fordert Michael Schäfer, Leiter Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland: „Im ersten Schritt ist eine Stilllegung der ältesten Braunkohlekraftwerke mit einer Kapazität von 7 Gigawatt und die Einführung eines europäisch-regionalen CO2-Mindestpreises von 25 Euro pro Tonne nötig – nicht nur um den notwendigen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, sondern auch, um hier und jetzt die Gesundheit der Menschen zu schützen. Aktuell ist der Kohleausstieg Aufgabe der Kohlekommission. Die Bundesregierung muss sicherstellen, dass diese auch auftragsgemäß liefert bzw. nachbessern. Für die Energieversorger sollte ihre unternehmerische Verantwortung bedeuten, nicht auf das Inkrafttreten neuer Vorgaben zu warten, sondern jetzt aktiv zu werden. Die gesundheitlichen Folgekosten machen jedes Geschäftsmodell, das weiter auf Fossile setzt, gesellschaftlich und volkswirtschaftlich untragbar.“
Deutscher Kohleausstieg als Signal
Christoph Lieven betont, wie wichtig ein deutscher Kohleausstieg als zentrales Signal für anstehende Weltklimakonferenz ist: „Wenn selbst reiche Industrieländer wie Deutschland die eigenen Klimaversprechen reißen, werden andere Staaten kaum draufsatteln.“
Bis Ende des Jahres sollte die von der Bundesregierung beauftragte Kohlekommission ein Gesamtpaket mit Details zum Strukturwandel, Kraftwerksabschaltungen bis 2022 und einen Ausstiegsplan inklusive Enddatum ausarbeiten. Zwischenzeitlich ließen die Vorsitzenden der Kommission sogar verlauten, man strebe ein Ergebnis schon bis 28. November. Dies hätte ein positives Signal für die Anfang Dezember im polnischen Kattowitz startende Weltklimakonferenz geben können. Die Vorlage der Ergebnisse wurde der WirtschaftsWoche zufolge nun jedoch auf Januar verlegt.
Den Report „Last Gasp“-report zum Download finden Sie hier.
Quelle:
https://beyond-coal.eu/last-gasp/
https://www.greenpeace.de/presse/presseerklaerungen/greenpeace-report-kohlekraftwerke-verursachen-jaehrlich-22-milliarden-euro
https://www.wwf.de/2018/november/was-der-erde-schadet-schadet-uns/
https://www.wiwo.de/politik/deutschland/kohle-kommission-vorlage-der-ergebnisse-auf-januar-vertagt/23665256.html