Wie wäre es mit einem kleinen Gedankenspiel? Unsere Bundeskanzlerin möchte die Welt mit ihrem Verhalten ein kleines bisschen besser machen. Dafür gibt Angela monatlich 21.000 Euro ihres Gehalts an soziale Einrichtungen ab. Zu Tagungen in Berlin kommt…
Wie wäre es mit einem kleinen Gedankenspiel? Unsere Bundeskanzlerin möchte die Welt mit ihrem Verhalten ein kleines bisschen besser machen. Dafür gibt Angela monatlich 21.000 Euro ihres Gehalts an soziale Einrichtungen ab. Zu Tagungen in Berlin kommt sie nun öfters mit dem Rad. Auch politisch wird sie aktiver: Für eine rasche und unbürokratische Aufnahme syrischer Flüchtlinge bietet sie ihr Flugzeug an, in dem immerhin 143 Passagiere Platz haben. Im Gästehaus der Bundesregierung stellt sie einigen der Immigranten ein Quartier zur Verfügung.
Wer den beschriebenen Sinneswandel von Frau Merkel für eine Utopie hält, der hat wahrscheinlich recht. Doch in Südamerika macht ein Präsident vor, was alles möglich ist und wovon wir hierzulande lernen können. José Mujica heißt der Mann und ist der wohl glaubwürdigste Staatschef der Welt. Mit seiner Frau lebt er auf einem kleinen Bauernhof nahe der Hauptstadt Montevideo. Als Staatschef von Uruguay gehört er zu den wenigen Menschen, die bei der Machtübernahme ihre Ideale beibehalten haben. Sein Ziel ist die Bekämpfung der Armut und ein gerechtes Zusammenleben.
Als Kämpfer gegen die Militärdiktatur saß José Mujica, der von seinen Anhängern ‚Pepe‘ genannt wird, 13 Jahre im Gefängnis. Die lange Einzelhaft beeinträchtigte ihn nachhaltig. Nach seiner Freilassung ging er in die Politik.
Veränderungen seit Pepes Amtszeit
Seit José Mujica vor vier Jahren zum Präsidenten gewählt wurde, hat er einige liberale und sozialere Gesetze mit auf den Weg gebracht: So ist die Abtreibung in Uruguay bis zur zwölften Woche inzwischen erlaubt. Zudem dürfen gleichgeschlechtliche Paare in Uruguay seit dem Jahr 2013 heiraten. In Deutschland ist das dank der CDU bisher nicht möglich. Die Kirche spricht sich zwar auch in Uruguay gegen beide Gesetze aus – aber dem Atheisten José Mujica geht es vor allem um Gerechtigkeit: „Sei du selbst und versuche nicht, anderen deine Maßstäbe aufzuzwingen. Ich erwarte von anderen nicht, wie ich zu leben. Ich möchte die Freiheit anderer Menschen respektieren. Aber ich verteidige meine Freiheit.”
Ungewöhnliche Ideen gehören zum Wesenszug des Staatsmannes Pepe: Um die Drogenkartelle im Land zu entmachten, hat seine Partei den Anbau und Handel mit Marihuana im Mai dieses Jahres legalisiert. Die Idee dahinter ist eine bessere staatliche Kontrolle des Handels, da er nicht mehr im Verborgenen stattfindet. Es gilt eben umzudenken, wenn das bisherige Vorgehen nichts bringt. So entstand auch die Kampagne ‚Armas para la vida‘, ‚Waffen für das Leben‘. Die Bürger Uruguays wurden dazu ermutigt, ihre Waffen gegen Fahrräder oder Computer zu tauschen.
Privat spendet José Mujica 90 Prozent seines Gehalts für wohltätige Zwecke. Die Präsidentenresidenz versteigerte er im Jahr 2010 und finanzierte Sozialwohnungen mit dem Erlös.
José ist der Meinung, dass jeder Friedensprozess unterstützt werden müsse. Auch in Kolumbien, wo die Regierung und die Rebellenorganisation inzwischen gemeinsam verhandeln. Eine besondere Rolle als Vermittler kommt ihm hier zu, denn als ehemaliger Guerillakämpfer und jetziger Präsident ist er auf beiden Seiten glaubwürdig.
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Auch zwischen Kuba und den USA vermittelt er. Mitte Mai traf er sich mit dem US-Präsidenten und willigte ein, bis zu zwölf Guantánamo-Häftlinge aufzunehmen – unter der Bedingung, dass diese in Uruguay in Freiheit leben werden.
Ein weiteres Projekt ist die Aufnahme von syrischen Bürgerkriegsflüchtlingen: Im September dieses Jahres will José Mujica rund einhundert in Jordanien gestrandete Syrer nach Uruguay einfliegen lassen. Dafür bat er die Präsidentin Brasiliens, ihm ihr Flugzeug zu leihen. Das anvisierte Domizil ist die Sommerresidenz des Präsidenten. Dort haben in kalten Zeiten auch schon Obdachlose übernachtet.
José Mujica bemerkte in einem Interview: „Ich werde als der ‚ärmste Präsident‘ bezeichnet. Ich fühle mich aber nicht arm.“ Für ihn sind die Menschen arm, die „immer mehr und mehr wollen.“ Vielleicht schwappt doch noch etwas von der Mentalität des Präsidenten aus dem kleinen Land in Südamerika zu uns nach Europa herüber.
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