Der Kampf gegen Riesen

I will not dance to your beat… So lautet die erste Zeile eines Gedichts des nigerianischen Umweltschützers Nnimmo Bassey. In dem Gedicht macht er seiner Wut gegenüber Ölkonzernen und Umweltzerstörern gehörig Luft. Vor allem sind es die Zustände im Nigerdelta. Der Nigerianer sagt, er werde nicht nach deren Pfeife tanzen, im Gegenteil: Sein Ziel ist es, die Ölkonzerne „zur Rede zu stellen“ und sie zuletzt „vor den Klimagerichtshof [zu] schleppen“ – so heißt es in seinem Gedicht.

Der 56-jährige Architekt und Dichter ist selbst in Nigeria aufgewachsen. Er hat die Missstände des Landes sein Leben hautnah miterlebt und gesehen, was die Ölkonzerne seinem Land angetan haben. Nnimmo Bassey wollte nicht lange bloß untätig zusehen, daher beschloss er bereits mit 22 Jahren, Vorstandsmitglied einer nigerianischen Bürgerrechtsorganisation zu werden. Bis heute setzt er sich aktiv für den Schutz von Umwelt und Menschenrechten ein.

Nigeria unter dem Einfluss der Ölindustrie

Afrikas größtes Erdöl- und Erdgasvorkommen liegt in Nigeria und zieht deshalb seit mehr als 50 Jahren Ölkonzerne an. Internationale Unternehmen wie Shell, Total oder Chevron haben besonders großes Interesse an der Förderung der Rohstoffvorkommen im Nigerdelta. Das Gebiet ist durchsetzt mit über 7000 km Ölpipelines, die heute schon teilweise völlig veraltet sind. Die Sicherheitsstandards werden nicht eingehalten oder sind mangelhaft, wodurch es immer häufiger passiert, dass sich Lecks bilden und das Öl dauerhaft ausläuft. Die Folge ist eine immense Verschmutzung des Ökosystems im Nigerdelta durch bisher insgesamt mehr als zwei Millionen Tonnen Rohöl.

Ebenso kommt es durch die unkontrollierte Ölförderung häufig zu Unfällen, die extreme Ausmaße annehmen können. Nur um ein Beispiel zu nennen: Während der Ölkatastrophe im Jahr 2008 liefen 72 Tage lang 4.320 Barrel Öl aus den veralteten Pipelines des Ölunternehmens Shell. Die 69.000 Einwohner der Stadt Bodo waren massiv von der Katastrophe betroffen und forderten Shell auf, Entschädigung zu zahlen und das Gebiet zu säubern. Das Unternehmen beharrte auf Sabotage der Pipelines und entzog sich der Verantwortung. Nach knapp sechs Jahren, unzähligen Verhandlungen um die Summe der zu zahlenden Entschädigung und Forderungen nach mehr Sicherheitsmaßnahmen, ist es immer noch zu keiner Einigung gekommen. Shell hat noch immer keinen Cent an die betroffenen Einwohner gezahlt und auch keine Dekontaminierung des Gebiets veranlasst.

Durch die massive Umweltzerstörung hat sich die Lebenserwartung der Bewohner mittlerweile um zehn Jahre verringert. Auch die Landwirtschaft leidet unter der Ölpest: Bauern können keine Felder mehr bestellen und Fischer fangen nur noch im Wasser treibende tote Fische. Die Böden und Seen sind inzwischen vollkommen kontaminiert. Trotzdem kommt es noch immer zu Waldrodungen, um mehr Platz für Ölpipelines zu schaffen.

Hohes Ölvorkommen in Nigeria – mehr Fluch als Segen

Trotz des florierenden Ölgeschäfts in Zeiten des erhöhten Energiebedarfs, gehen die Einheimischen leer aus. Zwar fordert die Bevölkerung eine Beteiligung an dem Milliarden-Umsatz, den die Ölkonzerne auf ihre Kosten einstreichen, jedoch geht sie abgesehen von den negativen Umweltauswirkungen leer aus. Der Missmut der Einwohner entlädt sich immer häufiger in kriminellen Aktivitäten und führt zu einer Zunahme der Öldiebstähle sowie Entführungen. Vorzugsweise werden Mitarbeiter der Ölkonzerne gekidnappt, mit dem Ziel, Lösegelder einzustreichen. Hauptsächlich verantwortlich für die Ausschreitungen sind einheimische Rebellgruppen.

Seit mehr als 50 Jahren leidet Nigeria nun schon unter dem Einfluss der Ölindustrie. Landschaft, Aquakultur und der Lebensraum für Tiere und Menschen fallen ihr zum Opfer.

Friends of the Earth

Aufgrund der katastrophalen Lage gründete Nnimmo Bassey 1993 die Umweltorganisation Environmental Rights Action (ERA), die mit Hilfe ihrer Mitglieder Lecks an Pipelines frühzeitig entdeckt und somit hilft, das Ausmaß des Schadens einzudämmen. Sie fordern die Ölkonzerne daraufhin auf, den Schaden zu beseitigen und die verschmutzte Landschaft zu säubern. Außerdem unterstützen sie Bürger bei Gerichtsverfahren gegen die Ölunternehmen. In enger Partnerschaft steht die Organisation mit Friends of the Earth International, ein Zusammenschluss von Umweltorganisationen aus 76 Ländern. 2008 wurde Nnimmo Bassey sogar zum Vorsitzenden der internationalen Organisation gewählt und hatte diese Position inne bis 2012.

Für seine Bemühungen wurde Nnimmo Bassey bereits mehrmals geehrt. Unter anderem erhielt er 2010 den Alternativen Nobelpreis, im Jahr zuvor wurde er vom Time Magazine zu einem der Heroes of the Environment gewählt.

 

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