Ob mit dem Auto, dem Zug, dem Fahrrad oder vielleicht sogar zu Fuß – viele Arbeitnehmer müssen für ihre Arbeit an einen anderen Ort fahren. In Deutschland waren es im letzten Jahr, einer Auswertung des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) in Bonn zufolge, gut 60 Prozent aller Arbeitnehmer. Im Jahr 2000 waren es noch 53 Prozent. Ja nach gewähltem Transportmittel kann dies eine starke zusätzliche Belastung für die Umwelt darstellen.
Spitzenreiter der Pendlerorte ist München mit rund 355.000 Arbeitnehmern, die außerhalb der Stadtgrenze wohnen – 21 Prozent mehr als noch im Jahr 2000. Auf Platz zwei folgt Frankfurt am Main mit 348.000 Pendlern, 14 Prozent mehr als im Jahr 2000. Dort, sowie in Düsseldorf und Stuttgart stellen auswärtige Arbeitnehmer die Mehrheit: Zwei Drittel der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten kommen hier von außerhalb zu ihrer Arbeitsstelle. Berlin verzeichnet mit 53 Prozent Pendlerzuwachs seit der Jahrtausendwende den größten Zuwachs. Gleichzeitig ist der Weg zum Arbeitsplatz länger geworden. Waren es im Jahr 2000 noch 14,6 Kilometern, stieg die Weglänge im Jahr 2015 auf 16,8 Kilometer.
„Der Flächenverbrauch und die Verkehrsbelastung steigen“, erklärt Harald Herrmann, Direktor des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) in diesem Zusammenhang. „Deshalb ist es wichtig, dass die Infrastruktur mit dem Wachstum Schritt hält und das Umland gut an den öffentlichen Nahverkehr angebunden bleibt.“
Umso wichtiger ist es, Anreize für umweltfreundliches Pendeln zu schaffen, die zudem die Verkehrsbelastung verringern. Sabine Schlacke, vom Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung für globale Umweltveränderungen, fordert deshalb im Interview mit dem Deutschlandfunk steuerliche Privilegien für klima- und umweltfreundliches Pendeln: „Wir haben zurzeit eine Pauschallösung mit 30 Cent pro Kilometer, die steuerlich geltend gemacht werden kann, und nur eine leichte Privilegierung für die Nutzung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), indem nämlich hier die tatsächlichen Kosten abgerechnet werden können. Meines Erachtens ist dort sehr viel mehr Potenzial drin, um gerade ein klimafreundliches und umweltfreundliches Pendeln inklusive Nutzung von ÖPNV, Nutzung des Fahrrades, aber vielleicht auch längere Fußwege zu privilegieren. Meines Erachtens sollten wir nicht über ein Entweder-Oder, sondern über eine Ökologisierung der Pendlerpauschale diskutieren.“
Die Bundesregierung will zudem zusätzliche 25 Millionen Euro in Fahrrad-Schnellwege investieren, um so den Fahrradverkehr und somit ein CO2-freies Pendeln zu fördern. Der Verkehrs-Staatssekretär Norbert Barthle (CDU) beschrieb der „Rheinischen Post“ diese Wege als „kleine Fahrradautobahnen für die, die ohne Ampeln und Kreuzungsverkehr viel schneller zur Uni oder zur Arbeit wollen“.
Auch das Umweltministerium schmiedet angesichts der aktuellen Zahlen bereits Pläne zur Förderung für umweltfreundliches Pendeln. „Wir wollen Unternehmen dabei unterstützen, ihren Mitarbeitern bessere Mobilitätsbedingungen zu bieten“, erklärt Bundesumweltministerin Barbara Hendricks. Denkbar seien Jobtickets, die gemeinsame Nutzung von Autos, Fahrradstellplätze oder flexiblere Homeoffice-Angebote. „Wenn wir hier weiterkommen, ist das nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für die Lebensqualität“, meint Hendricks.