Von Jahr zu Jahr schmilzt das arktische Meereis schneller und stärker, immer geringer ist die sommerliche Minimalausdehnung der nördlichen Eisbedeckung. Kaum ein Jahr vergeht, in dem Wissenschaftler nicht einen neuen Negativrekord vermelden. Nun wollen vier Ruderer medienwirksam auf das Problem aufmerksam machen – mit einer spektakulären Querung der kanadischen Nordwestpassage.
Die Nordwestpassage ist eine Route durch die zahlreichen Inseln des arktisch-kanadischen Archipels, an der schon viele zuvor gescheitert sind. Bisher galt sie als schwer passierbar. Eisbrecher mussten sich mühevoll ihren Weg durch das Packeis bahnen. Doch im Jahr 2008 konnte erstmals ungehindert ein Handelsschiff auf dieser nördlichen Seeroute verkehren.Und das ist erst der Anfang, wie Klimaschützer befürchten. Viele sehen die drastischen Veränderungen in der Arktis als alarmierendes Indiz für das Voranschreiten der Klimaerwärmung. Doch während Kanada und andere arktische Anrainerstaaten sich wirtschaftliche Vorteile von der Öffnung der Nordwestpassage erhoffen, befürchten Wissenschaftler ungeahnte Folgen. Denn in den gefrorenen Böden der zahlreichen Inseln des kanadischen Archipels sind Unmengen Methangas gespeichert, dessen Treibhauswirkung rund 20-mal stärker ist als von Kohlendioxid. Ein immer stärkeres Auftauen der Permafrostböden in den arktischen Breiten setzt das Methan frei und könnte die Klimaerwärmung drastisch verstärken.
Die geplante Ruderexpedition will die kanadische Nordwestpassage zwischen Inuvik im Nordwesten Kanadas und Pond Inlet im Nordosten des Landes bewältigen und damit ein Zeichen gegen die Globale Erwärmung setzen. Zwei bis drei Monate wollen die Männer – drei Iren und ein Kanadier – in einem 25 Fuß langen, speziell ausgebauten Boot, der „Arctic Joule“, unterwegs sein und im Schichtsystem die 3.000 Kilometer zurücklegen – 24 Stunden am Tag und sieben Tage die Woche bei ständigem Tageslicht, den nördlich des Wendekreises geht die Sonne im Sommer nicht unter.
Paul Gleeson, einer der Expeditionsteilnehmer, erklärt: „ Wir unternehmen diese Überfahrt nur mit der alleinigen Kraft des menschlichen Körpers in einem Ruderboot, ohne Segel und ohne Motor, in nur einer Saison und wir hoffen, dadurch die Auswirkungen, die der Klimawandel auf unsere Welt hat, hautnah aufzeigen zu können.“
Gesponsert wird das gewagte Unternehmen von dem irischen Wind- und Solarenergieunternehmen Mainstream Renewable Power. „Das Schmelzen der Permafrostböden und die Freisetzung von Methanhydrat ist vielleicht die größte Katastrophe, vor der die Menschheit steht, und der Grund dafür ist die vom Menschen verursachte Klimaerwärmung“, begründete Eddie O’Connor, Seniorchef von Mainstream Renewable Power, sein Interesse an der Expedition. „Mit dieser Expedition können wir der Welt zeigen, dass es eine Antwort auf die Erderwärmung gibt. Wir müssen nicht ohne Strom leben. Wir können ihn aus erneuerbaren Energien gewinnen. Erst im vergangenen Monat hat der Weltbank-Präsident Jim Yong Kim darauf hingewiesen, dass 2016 das Jahr der höchsten Kohlendioxidemissionen sein müsse, wenn es noch Hoffnung geben solle, die Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius zu halten. Ich hoffe, dass diese Expedition den Entscheidungsträgern der Welt zeigen wird, dass wir jetzt handeln müssen.“
Josephin Lehnert
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