Unternehmen müssen neuerdings die Klimabilanz ihrer Produkte über den gesamten Lebensweg hinweg ermitteln – von der Herstellung über den Konsum bis hin zur Verwertung. Denn seit Anfang Oktober gelten mit dem Greenhouse Gas Protocol Scope 3 international verbindliche Regeln zur CO2-Bilanzierung in Unternehmen für Scope-3-Emissionen. Das bedeutet, dass von nun an auch unternehmensbezogene Treibhausgasemissionen entlang von Wertschöpfungsketten nach einheitlichen Standards ermittelt werden – „von der Wiege bis zur Bahre“.
Das Greenhouse Gas Protocol (Treibhausgas-Protokoll) ist ein weltweit gültiges Instrument zur Berichterstattung über Treibhausgasemissionen. Entwickelt wurden die Standards vom World Resource Institute (WIR) und dem World Business Council for Sustainable Development (WBCSD). Unternehmen nutzen die Standards für das Management ihrer Treibhausgasemissionen.
Bislang galten nur zum Bericht über direkte Emissionen aus eigenen Anlagen (Scope-1-Emissionen) sowie über indirekte Emissionen durch Energieerzeugung (Scope-2-Emissionen) allgemeingültige Regelungen. Die Berichterstattung indirekter Emissionen entlang von Wertschöpfungsketten (Scope 3) hingegen war freiwillig und ohne verbindliche Vorgaben.
Mit dem neuen Corporate Value Chain (Scope 3) Accounating & Reporting Standard hat sich das nun geändert. Schon im Vorjahr wurden die ergänzenden Standards zur Diskussion gestellt. Sie beinhalten in 15 Kategorien die einzelnen Produktionsschritte von Gütern, beginnend bei der Gewinnung von Rohstoffen über den Transport, zum Beispiel der Rohstoffe oder später der fertigen Güter, bis hin zur Entsorgung am Ende des Lebenswegs eines Produkts. Auch die Emissionen der Lieferketten oder verbundener Dienstleistungen werden bilanziert. Das soll Unternehmen dazu ermutigen, Zulieferer und Dienstleister zu wählen, die sich durch eine günstige CO2-Bilanz auszeichnen. Die von WIR und WBCSD vorgegebenen Richtlinien schreiben nur vor, auf welche Weise die Emissionswerte errechnet werden; eine Überwachung ist durch die Initiative nicht gegeben – dafür sollen unabhängige externe Institute hinzugezogen werden.
Mit den Bilanzierungsstandards allein ist es jedoch nicht getan. Was es braucht sind auch nationale Ökobilanz-Vorgaben und Initiativen, die sich nicht nur auf CO2 konzentrieren. Diese Ansicht vertritt etwa Ludwig Glatzner, Experte für Treibhausgasmanagement beim BUND. Denn geändert hat sich in Sachen Treibhausgasemissionen und Klimawandel bis jetzt noch viel zu wenig.
Josephin Lehnert
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