Der Herbst ist da, die Zeit, in der Schmuddelwetter und Wind das tägliche Leben prägen. Was dem Durchschnittsdeutschen langsam auf das Gemüt schlägt, freut die Bewohner einer kleinen dänischen Insel im Kattegat umso mehr, denn im geografischen Herz des Königreichs, können die rund 4.200 Bewohner gar nicht genug Wind bekommen.
Begonnen hatte das Klimaprojekt Samso bereits im Jahr 1997. Seinerzeit gewann ein pfiffiger Ingenieur mit seinem Energiekonzept für das 114 Quadratkilometer kleine Eiland gerade den Ideenwettbewerb des dänischen Umweltministeriums für eine kohlen- und schwefeldioxidfreie Zukunft. Ein perfekter Plan für das sonnen- und windreiche Samso, denn bislang kam der Strom auf der Insel über Leitungen vom Festland, das Öl zum Heizen per Schiff – 250 Millionen Kilowattstunden pro Jahr für Energie. Außerdem zog es Ende der 90er Jahre, aufgrund gestiegener Arbeitslosigkeit, viele Samsinger weg von ihrer Insel, zahlreiche Siedlungen verfielen dadurch, Samso befand sich mitten in der Depression.
Zu dieser Zeit musste reichlich Überzeugungsarbeit geleistet werden, um den restlichen Inselbewohnern, hauptsächlich Bauern und Handwerker, die Idee der klimafreundlichen Insel so schmackhaft wie möglich zu machen. Keine leichte Aufgabe, denn die Samsinger sind kein entscheidungsfreudiges Völkchen und „überschlafen“ solche Angelegenheiten gerne ein wenig länger. Dennoch gelang die Überzeugung, schließlich musste ihnen nur die Einfachheit der Sache, die entsprechende Rentabilität nahegelegt und möglichst viele Bürger als Eigentümer in die Projekte mit einbezogen werden. Unterstützend hierfür waren auch die gesetzlichen Tarife zur Einspeisung von Strom und die Abnahmeverpflichtung der Stromgesellschaften, sowie die positiven Einstellung der skandinavischen Banken gegenüber derlei Initiativen.
Subventionen von Vater Staat gab es jedoch keine und so stemmten Privatleute und Kommune das Vorzeigeprojekt – bis heute etwa 57 Millionen Euro. Dafür decken die Samsinger ihren Strombedarf zu 100 Prozent aus der Windkraft. Elf Windturbinen mit einer Leistung von einem Megawatt stehen verteilt auf der Insel, zehn weitere 1,3 Megawatt-Anlagen produzieren den Strom „offshore“ vor der Küste. Fünf davon gehören der Gemeinde, die übrigen wurden von Investorengruppen finanziert, getreu dem Motto der Samsinger: Lokal denken und lokal handeln!
Dazu gesellen sich weitere kleine „Haus-Windanlagen“, Stroh betriebene Heizkraftwerke, Holzhäckselheizungen, Sonnenkollektoren und Solarzellen, sogar selbst gepresstes Rapsöl gehört mit zum Repertoire der Samsinger und macht sie so zur Vorzeige-Insel für erneuerbare Energien. Dabei verstehen sich die Bewohner keineswegs als „Ökos“ und Umweltschutz ist für sie eher ein netter Nebeneffekt. Die Hauptsache ist, dass sich die Investitionen rechnen, schließlich hat niemand Geld zu verschenken und investiert gerne etliche hunderttausende von Euros, wenn die Sache nicht „rund“ läuft. Das aber läuft in Samso im wahrsten Sinne des Wortes und so hinterlässt das kleine Eiland einen großen ökologischen Fußabdruck, indem es rund 80 Millionen Kilowattstunden „überschüssigen Strom“ auf das Festland exportiert!
Judith Schomaker
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