Das geplante Gesetz, das die Energiekonzerne zur Finanzierung des Atomausstiegs verpflichten soll, kommt auf unbestimmte Zeit nicht. Der Grund sei eine Blockade der Unionsfraktion im Parlament, berichtet der Spiegel. Jetzt kann das neue Gesetz frühestens 2016 in Kraft treten. Das könnte jedoch zu spät sein, um die Konzerne wirksam in die Pflicht zu nehmen. Nun befürchten Experten und Regierungsvertreter ein finanzielles Desaster für den Steuerzahler. Bleibt der milliardenschwere Atomausstieg am Ende doch wie befürchtet an uns hängen?
Der Atomausstieg wird viele Milliarden Euro kosten. Finanziert werden muss nicht nur der Abriss der Kernkraftwerke sondern auch die Zwischen- und Endlagerung des radioaktiven Materials. Nach dem Verursacherprinzip sollen dafür die vier großen Energieversorger RWE, Vattenfall, EnBW und E.on aufkommen. Das Argument: Die Konzerne hätten über Jahrzehnte fast 100 Milliarden Euro mit der Atomenergie verdient, nun müssten sie auch für deren Folgekosten aufkommen, wenn 2022 das letzte deutsche Kernkraftwerk vom Netz geht. Auf einen entsprechenden Gesetzesentwurf hatte sich die Koalition im Herbst geeinigt.
Mit diesem Haftungsgesetz will die Bundesregierung vermeiden, dass sich die Versorger aus ihrer Zahlungspflicht hinaus mogeln. Doch dafür müsste es erst einmal kommen. Wie der Spiegel Online berichtet, wurde der Beschluss des Gesetzes nun schon zum wiederholten Mal vertagt. Eigentlich hätte es bereits am Mittwoch im Wirtschaftsausschuss des Parlaments beschlossen werden sollen. Dann hätte der Bundestag noch diese Woche abstimmen können und das Gesetz wäre voraussichtlich noch dieses Jahr in Kraft getreten.
Doch die Unionsfraktion blockiert den Gesetzesentwurf, und das nicht zum ersten Mal. Nach Informationen des Spiegels wurde das Gesetz bei der Sitzung des Wirtschaftsausschusses am Mittwoch auf unbestimmte Zeit vertagt. Damit wird es in diesem Jahr definitiv nicht mehr kommen. Die Frage ist: Warum will die CDU/CSU das allem Anschein nach vermeiden?
Die offizielle Begründung der Union: Das Haftungsgesetz soll möglichst zeitgleich mit dem Abschlussbericht der Atomkommission in Kraft treten. Die Kommission war von der Bundesregierung damit beauftragt worden, Vorschläge zu machen, wie die Rückstellungen der Energieversorger für den Atomausstieg möglichst effizient und sinnvoll eingesetzt werden können. Der endgültige Bericht der Kommission soll Ende Februar fertig sein. Dann erst solle auch das neue Gesetz wirksam werden.
Sinnvoll ist das jedoch nicht, so die Kritik. Sowohl die Atomkommission selbst, als auch der Wirtschaftsausschuss und die Opposition warnen davor, das Gesetz zu spät zu verabschieden.
Die Atomkommission argumentiert, ohne das Gesetz keine Grundlage zu haben, um ihren Bericht fertigstellen zu können. Wenn nicht klar sei, in welcher Form die Energieversorger haften müssten, könne auch keine Lösung zur Finanzierung des Atomausstiegs erarbeitet werden. Zudem stärke die wiederholte Vertagung des Gesetzes die Verhandlungsposition der Energiekonzerne deutlich.
Der Wirtschaftsausschuss warnt nun sogar, die Blockade der Unionsfraktion könne letztendlich dazu führen, dass der Steuerzahler am Ende der Leidtragende sei. Der Grund: Der Energiekonzern E.on wird sich zum 1. Januar 2016 in zwei verschiedene Unternehmen aufspalten. Dann besteht nur noch eine begrenzte Zeit die gesetzliche Haftungspflicht zur Finanzierung des Atomausstiegs. Wäre das neue Gesetz davor gekommen, hätte sich das vermeiden lassen. So muss nun eine Klausel in den Gesetzestext eingebaut werden, die sicherstellt, dass die Konzerne rückwirkend ab dem 1. Januar 2016 haften müssen. Das mache das neue Gesetz rechtlich leichter anfechtbar.
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Sollten die Konzerne dann gegen das Gesetz klagen und Recht bekommen, könnte das bedeuten, dass am Ende der größte Teil des Atomausstiegs von den Steuerzahlern getragen werden muss. Die Blockade der Union könne schlimmstenfalls zu einem finanziellen Desaster für die Verbraucher führen, so ein hochrangiger Regierungsvertreter. Obwohl den Abgeordneten im Wirtschaftsausschuss dies mitgeteilt worden sei, hätten die Unionspolitiker das Gesetz dennoch blockiert. Auch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hatte wiederholt gewarnt, das Gesetz müsse dringend zum 1. Januar in Kraft treten, andernfalls ergäben sich „erhebliche Risiken“.
Ob die offizielle Begründung auch tatsächlich die Wahrheit ist, kann bezweifelt werden. Das tut zumindest die Opposition. Die werfen der Union Lobbyismus und Komplizenschaft mit den Versorgern vor. Hubertus Zdebel von den Linken warnte: „Das ist ein Alarmsignal für die Steuerzahler und lässt erahnen, dass es der Bundesregierung darum geht, den Atomkonzernen Rabatte bei den Kosten für die Atommülllagerung zuzuschanzen.“ Grünen-Experte Oliver Krischer sagte: „Das Verschieben birgt unkalkulierbare Risiken für den Steuerzahler angesichts der real stattfindenden Zellteilung von Eon und RWE.“
Quelle: Spiegel Online / t-online
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