Die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl jährte sich kürzlich zum 32. Mal. Dennoch planen aktuell vier osteuropäische Länder den Bau neuer Atomreaktoren. Dabei sind erneuerbare Energien heute bereits konkurrenzfähig. Darüberhinaus sind Erneuerbare günstiger. Das zeigt zumindest eine Studie im Auftrag des Ökostromanbieters Greenpeace Energy. So können die Kosten für erneuerbare Energien auf bis zu 100 Euro pro Megawattstunde sinken. Aktuelle Atomkraft-Projekte sollen hingegen bis zu 126 Euro pro Megawattstunde kosten.
Polen, Ungarn, die Slowakei und Tschechien planen derzeit den Bau neuer Atomkraftwerke. Sie begründen diese Vorhaben mit der Versorgungssicherheit. Zwar sind die Vorhaben noch in der Planungsphase. In Ungarn und der Slowakei sollen die Reaktoren aber schon 2027 ihre Arbeit aufnehmen. In Polen und Tschechien dauert die geplante Inbetriebnahme noch bis 2035. Gemeinsam hätten die in Osteuropa geplanten Atomkraftwerke eine Kapazität von fast 16 Gigawatt. Das entspricht der Leistung aller von 2011 bis 2022 abgeschalteten Kraftwerke in Deutschland. Die vier Staaten begründen ihr Setzen auf Atomkraft vor allem mit der Versorgungssicherheit und den vermeintlich geringen Gestehungskosten.
Eine Studie des Ökostromanbieters Greenpeace Energy zeichnet nun allerdings ein anderes Bild. Die Experten errechneten, dass Erneuerbare günstiger sind als die geplanten Atomkraft-Projekte – bei gleicher Versorgungssicherheit.
Darum sind Erneuerbare günstiger
Die Autoren der Studie vergleichen die Kosten der osteuropäischen Atomkraft-Projekte mit denen eines steuerbaren Erneuerbaren-Kraftwerksystems. Das besteht gleichermaßen aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen. Die darin produzierten Stromüberschüsse per Elektrolyse in Wasserstoff umgewandelt. Dieses sogenannte Windgas dient als Speichermedium und kann bei Bedarf wieder in Strom umgewandelt werden. Das passiert in eigens gebauten Gaskraftwerken.
Ein solches Kraftwerkssystem kann – selbst unter derzeitigen Bedingungen – mit geplanten Atomkraft-Projekten in Osteuropa konkurrieren: In Polen lägen die errechneten Kosten bei 112 Euro und in Tschechien bei 119 Euro je Megawattstunde.
Kosten der Erneuerbaren könnten noch weiter sinken
„Arbeiten die vier Staaten zudem enger zusammen, indem sie das entstehende Elektrolysegas je nach Bedarf über das grenzüberschreitende Gasnetz verteilen und verbessern sie etwa über EU-Bürgschaften die derzeit schwierigen Finanzierungsbedingungen, so sinken die Kosten der Erneuerbaren sogar auf bis zu 100 Euro ab“, sagt Fabian Huneke, einer der Autoren der Studie.
Für die geplanten Atomkraftwerke rechnen die vier Länder lediglich mit Gestehungskosten von bis zu 80 Euro. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass diese Zahlen alles andere als realistisch sind. „Die Planwerte beim Referenzprojekt Flamanville in Frankreich haben sich bisher mehr als verdoppelt, Hinkley Point C in Großbritannien erhält letztlich mit 119 Euro pro Megawattstunde eine staatlich garantierte Förderung deutlich über Marktpreisen“, so Analyst Fabian Huneke. „Warum gerade in den osteuropäischen Staaten Reaktorprojekte bei gleichem Sicherheitsstandard günstiger werden sollten als in Frankreich oder Großbritannien, ist nicht ersichtlich.“ Stattdessen erwarten die Autoren der Studie eher Kosten um die 120 bis 125 Euro pro Megawattstunde. Da wären Erneuerbare günstiger!
Quelle: Greenpeace Energy