Am 28. April will die Europäische Union über verbesserte Umweltstandards für Kraftwerksemissionen abstimmen. Aller Voraussicht nach wird Deutschland versuchen, die Bemühungen auszubremsen. Unter Federführung des Umweltministeriums fand Mittwoch die erste Ressortabstimmung statt, die Zeichen stehen auf Ablehnung. Umwelt- und Gesundheitsorganisationen reagierten mit Kritik.
Dass die Bundesregierung weiß, wie sie die heimische Industrie schützt, hat sie bereits bewiesen. So müssen besonders energieintensive Industrien keine EEG-Umlage zahlen. Auch die deutschen Autobauer müssen um ihre Belange nicht fürchten.
Umweltschützer befürchten nun, dass es bei der Neubestimmung der Umweltstandards für Großfeueranlagen auf EU-Ebene ähnlich ablaufen wird. Die Novelle soll den Einsatz der besten verfügbaren Techniken (BVT) bei der Rauchreinigung vorschreiben. Damit hat sie auch Auswirkungen auf die Braunkohlekraftwerke in der EU.
Durch die BVT werden auch die zulässigen Grenzwerte für den Schadstoffausstoß geregelt. Pro Kubikmeter Abgas dürften maximal 175 Milligramm Stickoxide künftig im Jahresmittel ausgestoßen werden. Die Bundesregierung gibt sich bloß mit 190 Milligramm pro Kubikmeter zufrieden. Die deutsche Braunkohleindustrie bläst im Durchschnitt 180 bis 200 Milligramm Schadstoffe in die Luft.
Nun ist es sehr wahrscheinlich, dass die Bundesregierung den gesamten Abstimmungsprozess in Frage stellt. Damit würden mehrjährige Verhandlungen, der sogenannte Sevilla-Prozess, zu Vorgaben besserer Techniken scheitern.
Umweltorganisationen wie der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) sind empört. „Frau Hendricks ist ein Persilschein für alte Braunkohlekraftwerke anscheinend wichtiger als die Gesundheit der Millionen EU-Bürger“, kritisiert Tina Löffelsend vom BUND.
„Die Bundesregierung macht sich die Botschaften der Braunkohlelobby zu eigen, statt Umwelt und Bürger zu schützen. So werden über drei Jahre verhandelte Ergebnisse torpediert und europäische Prozesse zur Makulatur“, sagt Viviane Raddatz vom WWF. „Die Braunkohleindustrie argumentiert mit vermeintlich zu teuren Nachrüstungen und würde gerne alles beim Status Quo belassen, denn der ist für die Betreiber sehr komfortabel und lässt sich ohne zusätzliche Maßnahmen einhalten.“
Doch die Braunkohleindustrie mauert. Die Modernisierungen, also die BVT, müssten aus eigener Tasche gezahlt werden. Die Kosten für einen entsprechenden Katalysator werden auf etwa 80 Millionen Euro geschätzt. Bei Steinkohlekraftwerken sind solche Katalysatoren bereits Standard, ohne sie wird wohl kaum ein Braunkohlekraftwerk die nötigen Grenzwerte erreichen.
Doch die Betreiber spielen weiter auf Zeit. Sollte auf EU-Ebene keine Mehrheit zustande kommen, wäre das das unrühmliche Ende von über drei Jahren Verhandlungen.
Quelle: WWF