Die Expertenkommission der Bundesregierung hat eine mögliche Lösung zur Finanzierung des Atomausstiegs vorgeschlagen. Demnach sollen die Kernenergiebetreiber voll für den Rückbau der Atomkraftwerke haften und bleiben auch für die Atommüll-Behälter verantwortlich. Der Staat soll sich um die Zwischen- und Endlagerung des Atommülls kümmern – finanziert aus einen öffentlichen Fonds, in den die Konzerne bis 2022 Barmittel einzahlen. Das Risiko möglicher Mehrkosten im Zuge der Lagerung soll aber „ab einem gewissen Zeitpunkt“ der Staat und damit die Steuerzahler übernehmen.
Im Jahr 2022 soll endgültig Schluss sein mit der Kernenergie in Deutschland. Doch auch wenn der letzte Reaktor abgeschaltet ist, ist das Milliardenprojekt Atomausstieg noch lange nicht beendet. Atomkraftwerke müssen abgerissen, radioaktiver Müll entsorgt werden. Die Bundesregierung will, dass dafür nach dem Verursacherprinzip die Betreiber der Meiler aufkommen. Dafür haben die Konzerne insgesamt 38,5 Milliarden Euro zurückgestellt.
Eine eigens von der Bundesregierung gegründete Expertenkommission arbeitet derzeit an Vorschlägen, wie diese Gelder möglichst effizient eingesetzt werden sollen. Bereits jetzt ist allerdings klar: Alleine können die Versorger den Atomausstieg nicht finanzieren. Der Staat, und damit die Steuerzahler, werden zumindest einen Teil der Kosten tragen müssen.
Dazu schlägt die Kommission Medienberichten zufolge einen „Atom-Entsorgungs-Finanzpakt“ vor. Danach würden die Konzerne für den Rückbau der Atomkraftwerke und die Atommüllbehälter selbst aufkommen müssen. Und das bei voller Nachhaftung – also auch wenn sie, wie jüngst E.on mit Uniper, ihre Kernenergiesparte abspalten würden.
Für die Zwischen- und Endlagerung des Atommülls wäre nach dem Plan der Kommission jedoch der Staat verantwortlich. Zur Finanzierung müssten die Konzerne einen Teil ihrer Rückstellungen in Raten in einen öffentlich-rechtlichen Fonds übertragen. Sollte dieses Geld allerdings nicht ausreichen, zahle dem Vernehmen nach „ab einem gewissen Zeitpunkt“ der Staat, berichtete heute die Deutsche Presse-Agentur. Mit diesem Konzept will die Atomkommission die finanziellen Risiken für den Atomausstieg gleichmäßig sowohl auf den Staat als auch die Konzerne verteilen. Es müsse der „Totalausfall“ vermieden und das Risiko für den Staat maximal begrenzt werden.
Dabei geht es vor allem um das Risiko, dass die Konzerne an dem Milliardenprojekt Atomausstieg bankrott gehen. Die Kommission schätzt dessen Gesamtkosten derzeit auf fast 49 Milliarden Euro. Allerdings weiß keiner mit Sicherheit, wie viel die Suche nach einem geeigneten Endlager und die endgültige Einlagerung des Atommülls kosten wird. Für die Konzerne bedeutet das unkalkulierbare weitere Kosten. Sollten sie diese nicht schultern können und pleite gehen, müsste der Staat am Ende voll zahlen.
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Mit dem Atom-Entsorgungs-Finanzpakt sollen die Konzerne mehr Planungssicherheit erhalten, und so die Gefahr einer Pleite minimiert werden. Gleichzeitig würde der Pakt jedoch bedeuten, dass die deutschen Steuer-zahler für den Atomausstieg zahlen werden.
Dass die in den Fonds eingezahlten Gelder für die Finanzierung der Endlagerproblematik ausreichen werden, ist höchst unwahrscheinlich: Bislang ist noch kein geeignetes Endlager in Sicht. Der Atommüll muss also auf unbestimmte Zeit unter hohem Risiko zwischengelagert werden. Ist ein Endlager gefunden, muss der Müll dorthin transportiert und eingelagert werden. Die Kommission schätzt die Kosten für die Zwischen- und Endlagerung derzeit auf 17,7 Milliarden Euro.
Dass diese Schätzung sehr optimistisch sein könnte, zeigt eine Mitteilung des Chefs der Endlager-Suchkommission Michael Müller von 2015. Er sagte damals, die Kosten für die Endlagerproblematik könnten auf rund 50-70 Milliarden Euro steigen, wenn sich kein geeignetes Lager finden lasse (CEP berichtete). Er glaubt, dass bis zum Ende der Suche noch viele Jahrzehnte vergehen könnten. Ein endgültiges verschlossenes Endlager werde es möglicherweise erst „zwischen 2095 und 2170 oder später“ geben.
Die Konzerne wären nach dem Atom-Entsorgungs-Finanzpakt dann aus dem Schneider. Die Steuerzahler müssten dann für die Folgen der jahrzehntelangen Nutzung der Kernenergie aufkommen. Eine saftige nachträgliche Atomstromrechnung sozusagen.
Quelle: n-tv
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