Die grundsätzliche technische Umsetzbarkeit der Energiewende wird heute kaum noch in Frage gestellt. Die Kosten des ambitionierten Reformvorhabens werden in Medien jedoch „heiß“ diskutiert. Eine fundierte und ehrliche Auseinandersetzung mit dem Thema findet jedoch nur selten statt.
Die Debatte über die künftige Gestaltung der Energiepolitik ist zu wichtig, um sie mit oberflächlichen Vergleichen und unbegründeten Behauptungen zu führen. Die Grenze zwischen subjektiver Meinung und tatsächlichen Fakten verwischt zunehmend und es wird immer schwieriger, den Überblick zu behalten. Diese Entwicklung ist gefährlich.
Scheindebatte über die Kosten der Energiewende
Berichte über das politische Geschehen in den USA führen uns Tag für Tag vor Augen, zu welchem Schaden eine oberflächliche und auf falschen Behauptungen basierende Debatte führen kann. Mit zunehmender Dauer zermürbt sie die Teilnehmer und führt zu steigendem Desinteresse. Die öffentliche Auseinandersetzung über die Energiewende wird teilweise mit ähnlichen Strategien geführt. Immer häufiger ergreifen „Steigbügelhalter“ von Energiekonzernen oder meinungsstarke Weltverbesserer das Wort, um ihre Meinung zu verkünden. Substanzreiche Auseinandersetzungen mit dem Thema sind rar geworden.
Kürzlich erschien in „Die Welt“ ein Artikel, in dem die Energiewende als „zu teuer und unrealistisch“ bezeichnet wurde. Immer wieder wird in deutschen Leitmedien die Frage gestellt, ob die Energiewende überhaupt finanziell verkraftbar ist. Es entsteht, der Eindruck, dass der Bürger ohne die Energiewende deutlich günstiger dran wäre. Dabei werden in der Berichterstattung nur selten die tatsächlichen Kosten konventioneller und erneuerbarer Energieträgern miteinander verglichen. Noch seltener liest man eine Prognose darüber, wie sich die Erzeugungskosten im Zuge der zunehmenden Rohstoffknappheit entwickeln werden. Kurzum, es wird bewusst ein sehr oberflächliches Bild gezeichnet. Tatsächlich geht es um knallharte Interessenpolitik und um Selbstdarstellung. Es ist ärgerlich, dass eine interessante Studie, die einen guten Beitrag in dieser Debatte leisten könnte, in der öffentlichen Diskussion bislang weitestgehend unberücksichtigt blieb.
Konventionelle Energien halten einem Kostenvergleich nicht Stand
In der Studie „Erneuerbare vs. Fossile Stromsysteme: ein Kostenvergleich“ wurden mehrere Szenarien einer künftigen Stromerzeugung verglichen und entsprechende Kostenschätzungen aufgestellt. Berücksichtigt wurden einerseits die Gesamtkosten eines Stromsystems auf Basis erneuerbarer Energien. Andererseits erfolgte der Vergleich zu einem weiterhin auf fossilen Brennstoffen beruhenden Stromsystems. Bei der Untersuchung wurden die Kosten für Brennstoffe (niedrig/hoch) und die CO2-Preise (niedrig/mittel/hoch) variiert. Daraus ergaben sich insgesamt zwölf Vergleichsszenarien. Die Ergebnisse sind bemerkenswert und zeigen, dass die üblichen Gegenüberstellungen der Realität nicht gerecht werden.
Die Studie kommt zum Schluss, dass ein Stromsystem mit erneuerbaren Energien langfristig kostengünstiger ist als ein Stromsystem auf Basis von Kohle oder Gas. Die Experten geben an, dass die Stromversorgung auf Basis erneuerbarer Energien langfristig jährlich etwa 64 Milliarden Euro kosten wird – inklusive aller Kosten für Anlagen, Netze und Speicher. Dies entspricht in etwa den heutigen Kosten des Stromsystems. Demgegenüber belaufen sich die Kosten für ein fossiles Stromsystem durchschnittlich auf 67 Milliarden Euro pro Jahr.
Viele Argumente sprechen für erneuerbare Energien
Ein detaillierter Blick auf die zwölf kalkulierten Szenarien zeigt auf, unter welchen Bedingungen eine fossile Stromwelt billiger wäre: Ein kohlebasiertes Stromsystem wäre günstiger, wenn man für das Jahr 2050 sehr niedrige CO2-Preise annimmt. Ein gasbasiertes Stromsystem wäre günstiger, wenn man für das Jahr 2050 von niedrigen Gaspreisen und günstigen CO2-Preisen ausgeht. Diese Annahmen wären aus heutiger Sicht unrealistisch. Nach der Studie sind erneuerbare Energien also langfristig günstiger als konventionelle Energien.
Hinzu kommt, dass ein Stromsystem aus erneuerbaren Energie wie eine Versicherung gegen volatile Energie- und CO2 -Preise wirkt. Die Gesamtkosten bei fossil basierten Stromsystemen hängen hingegen stark von der Energie- und CO2-Preisentwicklung ab. Gerade angesichts der Unsicherheiten bei den Entwicklungen der Rohstoffmärkte liefert ein Stromsystem auf Basis erneuerbarer Energien den Mehrwert, dass die zunehmend volatile Preisentwicklung für fossile Energien abgeschirmt wird. Die Autoren sehen in diesem Umstand eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland.
Energiewende ist technisch, ökologisch und ökonomisch der richtige Weg
Die Studie zeigt, dass die Energiewende nicht nur technisch machbar ist. Sie ist auch aus ökonomischer Sicht der richtige Weg. Die oft geäußerte Behauptung, dass konventioneller Strom günstiger ist als Strom aus erneuerbaren Energien, hält einer dezidierten Analyse nicht Stand – insbesondere bei einem langfristigen Untersuchungszeitraum. Die Debatte über die künftige Gestaltung der Energiepolitik ist für uns alle zu bedeutsam, um sie mit oberflächlichen Vergleichen und unbegründeten Behauptungen zu führen.
Autor: Thorsten Preugschas, Geschäftsführer, SOVENTIX GmbH
Stand: 23. März 2017