Mit zunehmendem Ausbau der erneuerbaren Energien in Deutschland stößt das Stromnetz an seine Grenzen. Allerdings haben die großen Stromkonzerne als Netzbetreiber wenige Anreize, die Stromnetze an die neuen Anforderungen anzupassen.
Um die deutschen Klimaschutzziele zu erreichen, muss die Stromerzeugung bis 2050 auf annähernd 100 Prozent regenerative Energien umgestellt werden. Das derzeit vorhandene Netz ist für diese dezentrale Energieerzeugungsstruktur jedoch nicht ausgelegt. Zum Beispiel müssen zukünftig große Mengen Strom von Offshore-Windparks vor den Küsten ins Landesinnere geleitet werden. Außerdem muss Strom in Zukunft quer durch Europa und darüber hinaus transportiert werden, um beispielsweise Windflauten in bestimmten Regionen auszugleichen.
Der nötige Netzausbau durch die großen Energiekonzerne, die Eigentümer der Netze sind, bleibt bislang jedoch aus. Dazu muss man wissen, dass die Stromnetze als so genanntes „Natürliches Monopol“ mitentscheidend für die herausragende Marktstellung der vier großen Stromkonzerne sind. Im Bereich der Netze kann kein Wettbewerb entstehen. Da die Stromkonzerne immer noch auf große Atom- und Kohlekraftwerke setzen, ist die Verzögerung beim Ausbau der Stromnetze eine gute Möglichkeit, um die stark aufkommende Konkurrenz aus dem Bereich der regenerativen Energien in Schach zu halten. Nicht umsonst fordern viele Energieexperten die Trennung von Stromerzeugung und Netz. Auch die Bundesregierung fordert eine deutsche Netz AG, also ein deutschlandweites einheitliches Netz, das unabhängig von den Energiekonzernen ist.
Vattenfall wird sein Stromnetz, auch auf Druck der EU-Kommission, an ein Konsortium von Allianz, Deutsche Bank und Goldman Sachs verkaufen. Ebenso muss Eon sein Netz verkaufen. EnBW und RWE weigern sich jedoch, ihre Netze abzugeben. Schon jetzt müssen Windkraftanlagen teilweise angehalten werden, weil die Netze überlastet sind. Wenn die nötigen Investitionen, europaweit nach Einschätzung der Europäischen Kommission rund 400 Milliarden Euro bis 2030, nicht bald getätigt werden, könnte die Erfolgsgeschichte erneuerbare Energien an dieser Stelle aufgehalten werden.
Oliver Hölzinger
Add comment