Der Wecker klingelt. Schon vor dem Aufstehen ist die Wäsche frisch gewaschen und die Spülmaschine gerade durch gelaufen. Am Werk war nicht etwa der Hauself. Die Erklärung liegt in der billigeren Energieversorgung zu Zeiten, in denen das Stromnetz nicht ausgelastet ist. Wenige Stunden nach dem Aufstehen scheint strahlend die Sonne und betankt die Photovoltaikanlage des Haushalts. Viele Privatpersonen sind nicht mehr nur Verbraucher, sondern auch Stromproduzenten. Um den Verbrauch zu den günstigsten Zeiten zu ermöglichen, eine möglichst hohe Vergütung der Einspeisung ins Stromnetz zu erzielen und kleine, dezentral aufgestellte Kleinkraftwerke mit den großen zu verknüpfen, wurden so genannte Smart Grids, intelligente Stromnetze, entwickelt, die sich schnell ändernden Anforderungen anpassen.
Gewöhnliche Kraftwerke liefern derzeit zwar noch die größte Menge an Strom, können sich aber nicht kurzfristig auftretenden Schwankungen im Bedarf anpassen. Kleine Kraftwerke in Privathaushalten können das durchaus und liefern, mit anderen Kleinkraftwerken als Schwarm zusammengeschaltet, nicht zu vernachlässigende Energiemengen. Zwischen Erzeuger und Verbraucher wird der Stromfluss über die Schalt- und Steuerzentrale reguliert. Die Tätigkeiten des Hauselfs, das Einschalten von zum Beispiel Spül- und Waschmaschine in den frühen Morgenstunden, übernehmen intelligente Stromzähler. Die Smart Grids erfassen und regeln den Energiebedarf. So können Versorger und Verbraucher Energiespitzen erkennen. Dem Produzenten mit Sonnenkollektoren auf dem Wohnhaus wird es ermöglicht, den Strom ins Netz zu speisen, wenn es wegen erhöhten Bedarfs besonders gut vergütet wird und die Waschmaschine einzuschalten, wenn der Strom besonders preisgünstig ist. Außerdem erhalten Konsumenten Tipps fürs Stromsparen im Alltag.
So wird sowohl eine preisgünstige Stromversorgung als auch eine gleichmäßige Auslastung der Netze gewährleistet. Auch die Einspeisung des durch Wind- oder Gezeitenkraftwerke gewonnenen Stroms, dessen Erzeugung Schwankungen unterliegt, kann über Smart Grids geregelt werden.
Ab 2010 ist der Einbau von intelligenten Stromzählern in Neubauten und sanierten Häusern Pflicht. Bis 2020 wollen die deutschen Energieversorger 15 bis 25 Milliarden Euro in intelligente Netze investieren. So läuft bereits jetzt ein Pilotprojekt des Energieversorgers EnBW in Baden-Württemberg mit 1.000 Teilnehmern: die MeRegio – Minimum Emission Region. In dieser Modellregion will EnBW die Treibhausgasemmissionen herabsetzen. Und wenn nicht nur in Baden-Württemberg, sondern in ganz Deutschland Smart Grids Energieverbrauch und -einspeisung kontrollieren, könnten nach Schätzungen zehn Terrawattstunden Strom pro Jahr eingespart werden, was dem Jahresverbrauch von 2,5 Millionen Haushalten entspricht.
Judith Kronberg
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