Dezentrale Anlagen entfalten ihr Potential oft erst im Verbund. Beispielsweise ist Strom aus Windrädern und Solarmodulen je nach Wetterlage mehr oder weniger verfügbar. Und für den Energiemarkt ist erst die Summe aus der Leistung mehrerer solcher Anlagen nennenswert. Den koordinierten Zusammenschluss dezentraler Erzeugungsanlagen findet man in einem Virtual Power Plant, kurz VPP. In Berlin ist seit 2010 ein solch virtuelles Kraftwerk mit insgesamt 15 Blockheizkraftwerken und Wärmepumpen am Start.
Das Konzept verhilft dezentralen Energieressourcen den Einstieg in den Energiemarkt. Auf diese Weise werden viele Anlagen erneuerbarer Energien zu einer Gruppe zusammengefügt und mit einem Informationsnetzwerk verbunden. Dies sorgt für mehr Flexibiltät und Versorgungssicherheit. Und es erleichtert den Betreibern der Anlagen, den Fluss im Netz richtig zu kalkulieren und den größtmöglichen Gewinn herauszuholen.
Unabhängige Mikronetze
Während Europa auf virtuelle Kraftwerke setzt, hat man sich in den USA auf Microgrids spezialisiert. Sie werden auch als ’smart grids im kleinen Maßstab‘ bezeichnet.
Microgrids und VPPs sind sich zwar ähnlich und können in manchen Fällen auch identisch sein. Denn beide Systeme nutzen dezentralisierte Elektrizität. So ist zum Beispiel eine 50 Kilowatt-Photovoltaikanlage, die 100 Haushalte versorgt, sowohl ein virtuelles Kraftwerk als auch ein Microgrid. Dennoch treten virtuelle Kraftwerke oft im höheren Leistungsbereich in Erscheinung. Das Unternehmen Trianel integriert seit diesem Jahr 40 verschiedene Windparks in Deutschland mit einer Gesamtleistung von 1.000 Megawatt in ein virtuelles Kraftwerk. Zudem sind Anlagen der VPPs immer ans Netz gebunden. Microgrids können sich dagegen vom großen Stromnetz abkoppeln. Aus diesem Grund sind bei den Mikronetzen Speicher notwendig. Ist der Strom im Netz teuer, löst sich das Microgrid ab und nutzt sein eigenes System. Auch bei einem großflächigen Stromausfall haben diese den Vorteil, weiter laufen zu können.
Die erst kürzlich wütenden Tornados in den USA machen deutlich, weshalb das Microgrid dort so erfolgreich ist. Aufgrund der Angst vor terroristischen Anschlägen findet es des Weiteren in militärischen Anlagen Verwendung. Inzwischen wurde sogar ein Gefängnis in Kalifornien netzautark umgerüstet. Mit einer Kombination aus Brennstoffzellen, Photovoltaik, Windenergie und einem Batteriespeicher können drei Megawatt an Leistung bereitgestellt werden.
Weltweit sind 480 Microgrid Projekte mit 3.800 Megawatt im Einsatz oder geplant. Noch ist die USA mit Abstand führend im weltweiten Microgrid-Markt. Doch auch in Europa werden mehr und mehr Microgrid Technologien entwickelt. Und zukünftig soll auch hier der Bedarf steigen – bedingt durch die Erneuerung der alten Infrastruktur sowie der Einbeziehung erneuerbarer Energien.
Jenny Lohse
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