Eigentlich sollte seit diesem Mittwoch eine neue Kommission eingesetzt werden, die bis Ende Dezember 2018 einen Pfad zum Kohleausstieg erarbeiten soll – ein Kernelement der deutschen Klimaschutzziele. Doch erneut wurde das Thema wegen bedenken eines Ministeriums und einer nicht fertigen Personalliste verschoben. Dabei hat die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ (WBS) nur wenig Zeit, wenn sie ihre Ziele noch erfüllen will. Bereits im Herbst dieses Jahres soll sie Vorschläge zu konkreten Maßnahmen für neue, zukunftssichere Arbeitsplätze in den vom Strukturwandel betroffenen Braunkohleregionen machen.
Zudem ist der Kohleausstiegspfad eines der wichtigsten Instrumente, um kurz-, mittel- und langfristigen Klimaschutzziele zu erreichen. Gerade deshalb drängen auch Umweltorganisationen so sehr auf diese Kommission. So übergab beispielsweise der WWF am Dienstag eine Petition mit nahezu 100.000 Unterschriften an das Bundesumwelt- und das Bundeswirtschaftsministerium. Die Petitionsteilnehmer fordern die Bundesregierung darin auf, schnellstmöglich den Kohleausstieg und ein wirksames Klimaschutzgesetz zu beschließen.
„Wir erwarten von der Bundesregierung, die eigenen Klimaziele zu erreichen – auch und ganz besonders das Klimaziel für 2020. Doch das Mandat für die Kohlekommission scheint dies nicht sicherzustellen“, erklärte Jörg-Andreas Krüger aus der Geschäftsleitung des WWF Deutschland. Gleichzeitig ist die Kritik an der Regierung groß: „Beim 2020-Ziel tut sich eine riesige Lücke auf zum Versprechen der Kanzlerin im Bundestagswahlkampf, es noch zu erreichen“, so Krüger. Eine Möglichkeit sehen die Umweltschützer beispielsweise in einem europäisch-regionaler CO2-Mindestpreis, wie ihn bereits der französische Präsident Macron vorgeschlagen hat.
Umso mehr Unmut rief nun die Vertagung der Kommission hervor. Michael Schäfer, Leiter Klimaschutz und Energiepolitik beim WWF Deutschland meinte dazu:
„Vertagung droht zum Leitmotiv der Kohlekommission zu werden. Erst hat die Regierung den Klimaschutz in eine Kommission vertagt, jetzt vertagt sie zum dritten Mal die Einsetzung der Kommission. So wie die vier zuständigen Ministerien die Kabinettsvorlage ewig lange diskutieren, ohne sie besser zu machen, droht es auch dem Kohleausstieg in der Kommission zu gehen: Mit vier Vorsitzenden, einer Steuerungsgruppe aus vier Staatssekretären unter Einbeziehung vier weiterer Staatssekretäre und sechs Staatskanzleien, ohne jede Federführung, wird diese Kommission es sehr schwer haben, zu einem Ergebnis zu kommen.“
Wille zum Kohleausstieg
Dabei ist der Wille zum Kohleausstieg in der deutschen Bevölkerung groß. Im Vorlauf zur geplanten Einsetzung der Kommission führte Greenpeace zusammen mit der Universität St. Gallen eine Umfrage zum Kohleausstieg durch. Zu diesem Zweck wurden insgesamt 3000 Menschen befragt, davon alleine 1000 in den beiden Kohlerevieren im Rheinland und in der Lausitz. Das Ergebnis: Ein möglichst schneller Ausstieg bis 2025 findet eine höhere Zustimmung (67 Prozent) als ein langfristiger Ausstieg bis 2040 (62 Prozent).
Weitere Ergebnisse der Umfrage waren:
- 75 Prozent der Befragten bejahen die Frage, ob die kommende Bundesregierung unverzüglich ein Gesetz zum schrittweisen Kohleausstieg beschließen solle.
- 69 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu, dass ein Kohleausstieg dabei helfe, die Energieversorgung und damit den Wirtschaftsstandort Deutschland zu modernisieren.
„Der Ausstieg ist nicht nur im Hinblick auf die Klimaerhitzung dringend notwendig, er ist in Deutschland auch mehrheitsfähig. Ein Großteil der Menschen sieht darin vor allem eine Chance, das Land zu modernisieren“, sagt Peters. „Bundeskanzlerin Merkel muss den Willen der Menschen endlich ernst nehmen und sich jetzt für einen raschen und sozialverträglichen Kohleausstieg einsetzen.“
Weitere Informationen zur Greenpeace-Studie finden Sie hier.
Quellen: Greenpeace, WWF, Handelsblatt