Die EU wird es weiterhin schwer haben, in Polen flächendeckend umweltfreundliche Energieformen durchzusetzen. Das geht aus den Aussagen hervor, mit denen polnische Unternehmensvertreter und Fachleute immer wieder in die Öffentlichkeit treten: „Es gibt viele Argumente für die Kohle“, sagte der stellvertretende Vorstandsvorsitzende des halbstaatlichen Energiekonzerns Tauron, Stanisław Tokarski. Der Rohstoff sei in Polen und sogar auf der gesamten Welt leicht zugänglich. „Mit Hilfe der neuesten Technologien lässt sich auch die Umweltbelastung bei der Produktion immer mehr verringern“, so Tokarski. Tauron verbindet Bergwerke, Heizkraftwerke sowie Vertriebsunternehmen und gehört zu den größten Versorgern des Landes.
„Polen sollte nach wie vor um seine Kohleindustrie kämpfen“, forderte denn auch der Sprecher des internationalen Beratungshauses KMPG, Dariusz Marzec, auf dem Europäischen Wirtschaftskongress in Katowice (Kattowitz) Anfang Juni. Dieses Forum ist eines der größten seiner Art in der gesamten ostmitteleuropäischen Region. „Das Land hat das Recht, eben die Energiequellen zu nutzen, die es zur Verfügung hat“. Natürlich müsse dies auf der Grundlage der neuesten Technologien stattfinden, so der Experte. „Ein großer Teil der zukünftigen Strategie für den Energiesektor wird in Brüssel bei der EU entschieden“, fügte der Fachmann hinzu. Deshalb sollte Polen sich darauf konzentrieren dort seine Interessen zu verteidigen.
Mit dieser Meinung stand der Fachmann nicht alleine: „Wir sollten uns darauf fokussieren, um die Kohle für unsere Energieproduktion zu kämpfen“, sagte der Vorstandsvorsitzende von Kulczyk Investments, Dariusz Mioduski. Das Investmenthaus gehört dem reichsten Polen – dem Geschäftsmann Jan Kulczyk, der unterschiedlichen Branchen aktiv ist und dessen Stimme in Polen Gewicht hat. Polen erzeugt 90 Prozent seiner Energie mit der umweltschädlichen Kohle und gilt damit als eine der größten Dreckschleudern in Europa. Diese Industrie zu modernisieren, ist schwer. Die Bergarbeiter genossen zur kommunistischen Zeit über viele Privilegien und verfügen über starke und durchsetzungsfähige Gewerkschaften. Anderseits ist der Anteil grüner Energien an der Gesamtproduktion noch ziemlich klein.
Sebastian Becker
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