„Ist das nicht toll? Bald bekommen wir Ökostrom aus Afrika!“ Irgendwie höre ich diesen Satz in letzter Zeit des Öfteren. Und jedes Mal weiß ich nicht, was ich der Person, die dabei vor mir steht und mich erwartungsvoll anschaut, entgegnen soll. Die Enttäuschung darüber, dass ich nicht in die Begeisterung mit einstimme, ist meinem Gegenüber anzusehen.
Die Rede ist vom Desertec-Projekt: Ein Konsortium aus rund 20 Konzernen will für 400 Milliarden Euro riesige Sonnenkraftwerke in der Sahara bauen, mit denen 15 Prozent des europäischen Strombedarfs gedeckt werden sollen. Zugegeben, der Aspekt, dass sich durch die saubere Stromgewinnung mittels solarthemischer Kraftwerke eine Unmenge an CO2 einsparen ließe, klingt durchaus attraktiv. Auch das Zugeständnis von Greenpeace, die Initiative der Unternehmen sei „eine der klügsten Antworten auf die globalen Umwelt- und Wirtschaftsprobleme dieser Zeit“, spricht für das Projekt.
Dennoch beschleicht mich bei dem Gedanken, dass wir womöglich schon in zehn Jahren einen großen Teil unseres Stroms aus Afrika beziehen, ein ungutes Gefühl. Bisher verband ich erneuerbare Energien immer mit einer Dezentralisierung der Stromerzeugung und deren Aussicht, sich von anderen Ländern und großen Stromkonzernen unabhängig zu machen. Desertec widerspricht jedoch mit seinem Monopolcharakter dieser Chance.
Auch die hohen Investitionssummen, die vor allem der teuren Übertragungstechnik zuzurechnen sind, werfen bei mir Fragen auf: Könnte das Geld nicht vor Ort in den Ausbau erneuerbarer Energien investiert werden und so schneller und billiger eine nachhaltige Energieversorgung gewährleistet werden? Immerhin soll der Zeitpunkt des „Grid Parity “ in wenigen Jahren erreicht sein.
Last but not least gefällt mir die Vorstellung nicht, wir könnten mit unserer Hightech elektrische Energie aus Afrika importieren, während auf dem Kontinent 530 Millionen Menschen keinen Anschluss an das Stromnetz haben.
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