Die vergessene Energiewende

Wie sieht die Wärmeversorgung der Zukunft aus?

Wird über die Energiewende diskutiert, geht es fast immer um Stromnetze, Strompreis und EEG-Umlage. Doch ein ganz wesentlicher Teil des Energiebedarfs gerät dabei in Vergessenheit: die Wärme.

Dabei lag beim gesamten Energiebedarf in Deutschland der Wärmeanteil im Jahr 2010 bei 55 Prozent, der Anteil für die Stromerzeugung war im Vergleich dazu mit knapp zehn Prozent eher gering. Noch deutlicher wird der Unterschied in der Industrie, wo Wärme einen Anteil von 73 Prozent des Energiebedarfes ausmacht und bei den Privathaushalten, wo es gar 92 Prozent sind.

Auch beim Blick auf den Anteil erneuerbarer Energien am Strom- und Wärmemix zeigt sich ein Ungleichgewicht: Der erneuerbare Anteil lag im Jahr 2012 im Strombereich bei 23 Prozent, im Wärmebereich bei 12,5 Prozent. Bis 2020 soll dieser Anteil beim Strom auf mindestens 35 Prozent steigen, bei der Wärme werden nur 14 Prozent angestrebt – das Ziel ist damit schon fast erreicht. Der Wichtigkeit der Wärme als Grundbedürfnis des Menschen sowie als eines der Haupttriebmittel so mancher Industriezweige wird man so nicht gerecht.

Die Industrie trifft es besonders heftig

Schaut man genauer hin, wird die Brisanz schnell deutlich, denn im hochtemperaturigen Wärmebereich sind weit weniger erneuerbare Potenziale mit aktuellen Technologien verfügbar – besonders heftig äußert sich dies für Industriezweige wie die Stahl- oder Glasindustrie. Während ein Haus bereits ab Temperaturen von 35 Grad angenehm beheizt werden kann, was zum Beispiel mit Erdwärme verhältnismäßig leicht zu bewerkstelligen ist, benötigt die Industrie oft mehrere hundert Grad.

Besondere Heißwasservorkommen (Thermalquellen) könnten hier genutzt werden, sind aber rar. Auch Holz und andere Biomasse bieten hier keine nachhaltige Lösung, wenn man bedenkt, dass diese Rohstoffe nur sehr begrenzt vorhanden sind. Die Nutzung gebündelter Sonnenstrahlung könnte noch ein Ansatzpunkt sein, sofern sie auch in unseren sonnenarmen Gegenden sinnvoll und wirtschaftlich zu nutzen ist.

Sollte also der Fokus der Energiewende nicht vielmehr auf der Wärme und der Forschung in diesem Bereich liegen?

Ein wichtiger Punkt im Wärmebereich ist die Einsparung. Hier gibt es große Potenziale: Niedrigenergie- und Passivhausstandards helfen, die benötigte Wärmemenge von Gebäuden enorm zu reduzieren und sind ein guter Weg, solange nicht blindlings eingepackt sondern auch auf Naturverträglichkeit des Materials und die Sinnhaftigkeit der Dämmmaßnahme geachtet wird.

Auch im Industriebereich gibt es Potenziale, Wärme einzusparen und anfallende Abwärme anderweitig zu nutzen. Durch Kooperationen in Industriegebieten könnte vielerorts die anfallende Wärme des einen Unternehmens einem anderen Unternehmen mit Wärmebedarf bereit gestellt werden, anstatt dass der eine kühlt, der andere heizt.

Bedenkt man, dass die Wärmeversorgung für 40 Prozent der energiebedingten CO2-Emissionen in Deutschland verantwortlich ist, ist das Thema auch im Hinblick auf den Klimawandel von äußerster Bedeutung.

Wie geht es also weiter?

Klimaschutz und eine echte Energiewende können nur unter Berücksichtigung von Strom und Wärme gelingen. Die gezielte Förderung von Effizienz und Kooperation unter Industrieunternehmen könnte ein Schritt in die richtige Richtung sein.

Für jeden einzelnen ist es eine gute Option, den Konsum energieintensiver Waren zu überdenken und, wo möglich, einzuschränken, sinnvoll re- und upzucyceln.

Auch die Forschung kann ihren Teil dazu beitragen, für die Zukunft erneuerbare Ressourcen für große Temperaturen zu erschließen.

Öl und Gas wird es nicht ewig geben. Wollen wir es auch in Zukunft im Winter kuschelig warm haben und uns mit praktischen Produkten aller Art umgeben, müssen wir heute dafür vorausplanen und neben der Strom- auch eine Wärmeenergiewende anpacken!

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1 Kommentar

  • Ein wichtiger und und fast völlig vernachlassigter Punkt der EW ist Energieinsparung bzw. Energieffizienz. Dies betrifft im Wesentlichen auch Gebäudeheizungen. Wo sind die Brennstoffzellen für BHKs abgeblieben und der Einsatz von Wärmepumpen. Beide sind auf einem niedrigen oder gar keinem Niveau.

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