Das Passivhochhaus in der Bugginger Straße 50 in Freiburg feiert demnächst sein einjähriges Bestehen. In 135 Wohnungen verteilt auf 16 Stockwerke lässt es sich mit Passivhausstandard ökologisch korrekt wohnen. Das Buggi 50 ist weltweit das erste Hochhaus, dessen Heizwärmebedarf unter 20 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr liegt.
Das Hochhaus im Freiburger Stadtteil Weingarten wurde in den 70er Jahren erbaut und war mit seiner tristen Fassade und seinen hohen Energiekosten zuletzt nicht nur unansehnlich sondern auch unrentabel. Doch die Stadt Freiburg, die seit Jahren mit Wohnungsnot zu kämpfen hat und um das Aushängeschild „Green City“ wirbt, entschied sich gegen einen Abriss und für eine energetische Sanierung nach Passivhausstandard. Die Stadt beantragte Fördermittel bei Kommune, Bund und Land und ließ das Hochhaus nach neuen Richtlinien instand setzen. Nach nur anderthalb Jahren erstrahlte das Hochhaus in neuem Glanz und bietet seinen Bewohnern jetzt ein komfortables, und vor allem energiesparendes Wohnen. Der Primärenergiebedarf für Beheizung, Trinkwassererwärmung, Lüftung, Beleuchtung und Haushaltsstrom konnte um 40 Prozent gesenkt werden.
Die wesentlichen Parameter der energetischen Sanierung sind drei-Scheiben-Verglasung, 20 Zentimeter dicke Wärmedämmung, die Vermeidung von Wärmebrücken und eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Auf dem Flachdach des Hauses ist eine Photovoltaikanlage mit einer Spitzenleistung von 25 Kilowatt installiert. Ein benachbartes Blockheizkraftwerk liefert Heiz- und Brauchwasser mittels Fernwärme. Um die Gebäudehülle nach Passivhausstandard luftdicht zu gestalten, wurden die bestehenden Balkone in die Wohnflächen integriert und außen neue angebracht, die thermisch vom Gebäude getrennt sind und somit keine Wärme nach außen leiten. Die Balkonverkleidungen greifen optisch die ökologische Ausrichtung des Hauses auf und sind in Grüntönen gehalten.
Allein der Heizkostenbedarf konnte von 68 Kilowattstunden auf sagenhafte 15 Kilowattstunden pro Quadratmeter jährlich gesenkt werden, das entspricht einer Einsparung von fast 80 Prozent. 57 Tonnen weniger CO2 werden dadurch ausgestoßen. Energieberater – zumeist Bewohner des Hauses – übernehmen die Aufklärung ihrer Mitmieter darüber, wie man am effizientesten im Passivhaus wohnt. Wichtig für die Senkung des Primärenergiebedarfs ist etwa die Senkung des Haushaltsstroms, die Bewohner werden über die Verbrauchsentwicklung laufend informiert.
Die Innenräume wurden den Ansprüchen des Demographischen Wandels angepasst, die 90 ehemaligen Familienwohnungen mit drei bis vier Zimmern haben 135 kleiner gestalteten Wohneinheiten Platz gemacht. Damit konnten auch die Mietpreise gesenkt werden. Die Gesamtmieten liegen jetzt, unterstützt durch die geringen Energiekosten, weit unter dem Niveau vor der Sanierung. Neben ökologischen und ökonomischen Komponenten hat man beim Umbau auch sozialen Ansprüchen Rechnung getragen. So gibt es Gemeinschaftsräume im Erdgeschoß, eine Gästewohnung und einen Concierge.
Wissenschaftlich begleitet wurde das Bauvorhaben vom Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme (ISE) in Freiburg. Das Institut erfasst und analysiert über zwei Jahre den Energieverbrauch des Gebäudes, das im April letzten Jahres offiziell eingeweiht wurde, im realen Betrieb. Einzelne Geschosse werden detailliert hinsichtlich Warmwasserbedarf, Haushaltstrom, Heizung und Fensterkontakten erfasst. Die Ergebnisse sollen zukünftig in vergleichbare energetische Sanierungsvorhaben einfließen.
„Ziel des Gesamtprojekts ist es, für bestehende und künftige Stadtquartiere den Weg zu einer effizienteren und langfristig klimaneutralen Energieversorgung aufzuzeigen. Mit der schrittweisen Erneuerung des Stadtteils Weingarten werden die Voraussetzungen geschaffen, dezentrales Energiemanagement zu betreiben und so in Zukunft auf die wachsende fluktuierende Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien zu reagieren“, so Florian Kagerer, Projektleiter am Fraunhofer ISE.
Josephin Lehnert
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